Lohnkürzung bei Minusstunden: Rechtens?

Online-Rechtsberatung
Stand: 12.12.2017
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Ich hatte einen Jahresvertrag vom 01.04. - 03.04.2013 in einer Bäckerei/SB Café mit einem Stundenvolumen von 151,5 h pro Monat. (35 Stunden-Woche)
Anschließend einen Jahresvertrag vom 04.04. - 03.04.2014.
Für die Urlaubstage und Krankheitstage durften wir die durchschnittliche Stundenzahl, bei mir 6h, aufschreiben, für die Feiertage nur 4h.
Der Betrieb war so strukturiert, dass wir Mitarbeiter im Sommer (Saison am Bodensee von Ostern bis September) Überstunden gemacht haben und diese im ruhigen Winter ausgeglichen haben.
Dann hat der Chef im Sommer 2013 eine Vollzeitkraft eingestellt. Fazit war, dass wir zwar im Sommer kaum Überstunden leisten mussten, doch im Winter überbesetzt waren.
Am 15.1.2014 hatten wir eine Besprechung mit unserem Chef. Er wollte nicht, dass 3 Mitarbeiter gleichzeitig in einer Schicht arbeiten, was wir gemacht haben, um unser Stundensoll zu erfüllen. Er beauftragte uns, Minusstunden zu "machen" und pro Mitarbeiter eine Woche Urlaub vor Ostern zu nehmen. Ich erwähnte in diesem Gespräch, dass ich schon viele Minusstunden habe.
Außerdem sprach ich das Thema mit den Feiertagsstunden an und er räumte ein, dass wir die durchschnittliche Stundenzahl schreiben dürfen.
Am 02.03.2014 bekam ich die Mitteilung, dass mein Jahresvertrag nicht erneuert wird.
Stand meiner Minusstunden am 01.03.2014: 71,0 h
Im Monat März konnte ich meine volle Stundenzeit leisten.
Bei meinem Märzgehalt hat mir mein Chef brutto 350,00 abgezogen.

  1. Frage:
    wenn ich ab 01.04.2012 alle Feiertage zusammenrechne, komme ich auf 46 h Differenz, da mir 6h statt 4h zugestanden hätten.
    Somit hätte ich statt 71 Minusstunden nur noch 25.
    Stehen mir rechtlich die 6h pro Feiertag zu?
  2. Frage:
    ich bin nicht verantwortlich dafür, dass ich Minusstunden "machen" musste. Kann mir deshalb mein Lohn gekürzt werden?
Antwort des Anwalts

Nein, Ihr Arbeitgeber muss Ihnen Ihren vollen Lohn auszahlen. Zu den sogenannten Minusstunden gilt folgendes:

Minusstunden können mit Überstunden verrechnet werden.

Minusstunden entstehen, wenn Sie als Arbeitnehmer weniger arbeiten, als Sie nach dem Arbeitsvertrag eigentlich arbeiten müssten. Das Gegenstück sind die Überstunden, für diese normalerweise zusätzlich entlohnt oder freigestellt werden müssen. Minusstunden können mit Überstunden verrechnet werden.

Sind aber Überstunden angefallen, dürfen die für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit anfallenden Zuschläge nicht mit Ihren Minusstunden verrechnet werden.

Ansonsten gibt es Minusstunden nur, wenn ein Arbeitszeitkonto besteht und Sie alleine entscheiden können, wie Sie Ihre regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit einteilen. Dann sind Minusstunden so zu beurteilen, als ob der Arbeitgeber auf Ihren Lohn bereits einen Vorschuss gezahlt hätte. In diesem Sinne hatte das Bundesarbeitsgericht einen Rechtsstreit entschieden.
Der Arbeitgeber darf Ihnen dann bei der Beendigung Ihres Arbeitsverhältnisses einen bestehenden Negativsaldo zu seinen Gunsten finanziell ausgleichen, indem er die Vorauszahlungen mit Ihrem letzten Gehalt verrechnet.

Dieses Urteil nur relevant, wenn Sie Ihre Arbeitszeit bestimmen könnten. Nach dem vorliegenden Arbeitsvertrag ist dies aber nicht der Fall. Hier ist es alleine Angelegenheit des Arbeitgebers gewesen, wie die Arbeitszeit eingeteilt wird. Hat er keine Arbeit, ist dies alleine sein Risiko. Kam es also ohne Ihr Verschulden zu Minusstunden, haben Sie Anspruch auf Lohn. Die kommt vor, wenn Sie Ihre Arbeitskraft anbieten und der Arbeitgeber Sie mangels Arbeitsanfall nach Hause schickt. Die dadurch entstehenden Fehlzeiten sind keine Minusstunden im Sinn des Arbeitsrechts. Sie brauchen Ihre Arbeit dann nicht nachzuleisten.

Kommt es mit dem Arbeitgeber wegen der Minusstunden zum Streit, muss er dem Gericht konkret darlegen, ob Ihre tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung hinter der von ihm geschuldeten Arbeitsleistung zurückgeblieben ist. Kann er das nicht, darf er keinen Lohn einbehalten. Er ist beweispflichtig, denn auch im Arbeitsrecht gilt der Grundsatz, dass derjenige, der eine Forderung erhebt, beweispflichtig ist.

Sie sollten daher Ihren vollen Lohn beim Arbeitsgericht einklagen.

Wenn Sie kein Geld oder auch keine Rechtsschutzversicherung haben können Sie beim Arbeitsgericht zur Rechtsantragsstelle gehen. Diese ist von Gesetzes wegen verpflichtet Ihnen kostenlos die Klage gegen Ihren Exchef zu fertigen.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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