Kann gewährter Urlaub einfach wieder gestrichen werden ?

Online-Rechtsberatung
Stand: 14.09.2016
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Ich arbeite seit 25 Jahren als Festangestellte an einer Tankstelle. Vor sechs Wochen sind bei der Entnahme von Bodenproben Dieselleitungen angebohrt worden, sodass der Tankbetrieb für sechs Wochen eingestellt werden musste. In meiner Arbeitszeit von 9.00 - 14.00 Uhr war der Betrieb bis auf das Tankgeschäft geöffnet. Mein Chef hat mich aber nicht arbeiten lassen sondern hat mich bis auf weiteres nach Hause geschickt und sagte er würde sich melden wenn es weiter gehen würde. Er holte seine Mutter die meine Arbeitszeit übernahm. Jetzt bin ich seit letzten Mittwoch wieder tätig und soll auf einmal meinen Jahresurlaub aufgebraucht haben. Ich habe letztes Jahr im November schon meinen Urlaub gebucht den ich in zwei Wochen antreten würde. Nun meint mein Chef, dass ich diesen stornieren muss und die Kosten dafür selbst tragen muss. Ist das so richtig. Was sind meine Rechte?

Antwort des Anwalts

Sehr geehrte Mandantin,

Wenn der Arbeitgeber Sie nach Hause schickt und nicht möchte dass Sie arbeiten kommen, gerät er in Annahmeverzug.

Geregelt ist das in § 615 BGB:

"§ 615 Vergütung bei Annahmeverzug und bei Betriebsrisiko

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. […]"

Das bedeutet, dass er Ihre Arbeitsleistung nicht annimmt und weiter bezahlen muss obwohl Sie nicht arbeiten. Er kann selbstverständlich nicht einfach Ihre Urlaubstage als Ausgleich abziehen. Schon einmal gewährter Urlaub kann nicht einfach wieder „gestrichen“ werden.
Er hätte nur einen Anspruch darauf Ihnen die Tage, die Sie zu Hause waren nicht zu bezahlen, wenn Sie eigenmächtig nicht zur Arbeit erschienen wären. Einfach Urlaub abziehen könnte er auch in diesem Fall nicht.
Die Tatsache, dass Ihr Arbeitgeber Sie nach Hause geschickt hat, müssten Sie allerdings vor Gericht beweisen, falls er dies abstreiten sollte.
Wenn Ihr Arbeitgeber bis nächste Woche keine Einsicht zeigt, rate ich Ihnen allerdings davon ab einfach ohne oder gegen den Willen des Arbeitgebers in den Urlaub zu fliegen.
Sie sollten in diesem Fall einen Rechtsanwalt aufsuchen und einen Antrag auf einstweilige Verfügung beim Arbeitsgericht stellen um den Sachverhalt klären zu lassen. Planen Sie dazu einige Tage vor Abflug ein.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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