Gewerbliches Mietobjekt - Mängel der Mietsache

Online-Rechtsberatung
Stand: 13.12.2017
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Wir haben seit längerem (insges. seit zwei Jahren) Probleme mit unserem Vermieter. Das Mietverhältnis ist gewerblich und somit - nach Meinung unseres Vermieters - sind alle nachfolgenden Punkte zu unseren Lasten zu regeln.

Unsere Beanstandungliste:

  1. Die Tür zum Hof ist vollkommen verzogen und es zieht durch die Türritzen heftig rein. Da in dem Raum keine Heizung vorhanden ist, entsteht dort jeden Winter eine mächtige Kältezone.
  2. Die Tür zum Treppenhaus ist völlig aus der Form, so dass dort ein enormer Wärmeverlust im Gastraum entsteht.
  3. In der Kundentoilette (Herren) funktioniert die Spülung eines Pissoirs nicht, dadurch riecht es in der Toilette extrem nach Urin und das schon seit zwei Jahren.
  4. Die Tür zu den Toiletten ist verzogen. Da dort ein weiterer Durchgang zum Hof ist, zieht es auch hier und bringt enormen Wärmeverlust für den Gastraum, außerdem dringt der unangenehme Geruch (s. Punkt 3) bis in den Gastraum vor.
  5. Die Eingangstür vom Imbiss (Holztür) bröselt auseinander, die dort angebrachten Metallprofile lösen sich vom Holz. Es besteht Verletzungsgefahr bei den Kunden (Kinder, Rollstuhlfahrer, usw.).
  6. In der Küche (Herdbereich und Spülbereich) regnet es vom Flachdach rein. Mittlerweile läuft das Regenwasser durch die dort verlegten Kabelkanäle, in denen Strom- und Starkstromleitungen liegen. Hier besteht Kurzschlussgefahr.
  7. Die Absperrhähne für die Wasseranschlüsse zum Imbiss sind festgerostet, dadurch keine Möglichkeit das Wasser im Imbiss abzustellen
  8. Für die Nebenkostenabrechnung 2010 erhalten wir keinen Einblick in die Abrechnungsbelege. Das wird schlichtweg verweigert.

Alle acht Punkte wurden mehrfach (seit Beginn des Mietverhältnisses am 01.03.2010) angesprochen. Es wurde nichts zur Änderung bzw. Verbesserung veranlasst.

Hierzu unsere Fragen:

  • Wie müssen die Mängel in Schriftform gebracht werden?
  • Welche Fristen müssen eingeräumt werden?
  • Ab wann und in welcher Höhe kann die Miete gemindert werden?
Antwort des Anwalts

Gem. § 535 Abs. 2 BGB ist der Vermieter verpflichtet, die Mietsache - egal ob es sich um einen Gewerbemietvertrag oder einen Wohnraummietvertrag handelt - dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit entsprechend zu erhalten. Mietminderungsansprüche bestehen nach § 536 BGB für alle Mietverhältnisse, wenn die Mietsache z.Zt. der Überlassung bereits einen Mangel hatte oder ein solcher später auftritt. Eine Mietminderung ist gem. § 536 BGB in dem Umfang gestattet, in dem die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch aufgehoben oder gemindert ist, wobei unerhebliche Mängel generell nicht zur Mietminderung berechtigen. Das Recht zur Mietminderung entsteht bei Vorliegen von erheblichen Mängeln kraft Gesetzes, d. h. es muss nicht gesondert eingeklagt werden.
Grundsätzlich ist es bei der gewerblichen Miete möglich, die Minderungsrechte durch Vertrag zu beschränken oder sogar auszuschließen. Bei den nachfolgenden Erläuterungen gehe ich davon aus, dass Ihr Vertrag hierzu keine Regelungen enthält, da Sie diesbezüglich nur erwähnen, der Vermieter berufe sich lediglich auf die Tatsache, dass das Mietverhältnis gewerblich sei. Zur Sicherheit sollten Sie aber in jedem Fall nochmals Ihren Mietvertrag prüfen.
Wir gehen also davon aus, hier gelten die gesetzlichen Vorschriften und damit ist eine Mietminderung generell möglich, sofern entsprechende Mängel vorliegen.
Manchmal lassen sich Vermieter von Mietminderungen allein nicht beeindrucken und beseitigen die Mängel nicht. In solchen Fällen ist nach herrschender Meinung auch die Möglichkeit gegeben, die gesamte Miete zurückzuhalten, bis der Vermieter tätig geworden ist. Nutzt man die Möglichkeit, muss jedoch der Teil der Miete, welcher nicht von einer Mietminderung erfasst wurde, nach Beseitigung der Mängel nachgezahlt werden.
Zudem besteht gem. § 536 a BGB auch die Möglichkeit, Schadensersatz vom Vermieter zu verlangen. Das ist in folgenden Fällen möglich:
• der Mangel der Mietsache ist bei Vertragsabschluss vorhanden ("anfänglicher Mangel", § 536a Abs. 1, 1. Alt. BGB);
• der Mangel entsteht nach Vertragsabschluss infolge eines Umstands, den der Vermieter zu vertreten hat ("nachträglicher Mangel", § 536a Abs. 1, 2. Alt. BGB);
• der Vermieter kommt mit der Beseitigung des Mangels in Verzug ("nachträglicher Mangel", § 536a Abs. 1, 3. Alt. BGB).

Für Mängel die bereits bei Vertragsschluss vorlagen, haftet der Vermieter ohne dass ihn ein Verschulden an dem Mangel trifft, für die sonstigen Mängel nur bei Verschulden.
Nach diesen allgemeinen Erläuterungen geht es nun um die Frage der in Ihrem Fall konkret vorliegenden Probleme. Zu den Minderungsquote ist vorweg anzumerken, dass es keine Listen gibt, welcher Mangel welche Minderung zulässt, hier entscheiden Gerichte immer im Einzelfall, so dass es zu Abweichungen kommen kann, da Fälle nie zu hundert Prozent identisch sind. Ich habe mich an bisherigen Entscheidungen orientiert und Ihre Beschreibung der Situation berücksichtigt. Fotos lagen mir nicht vor (obwohl in der Anfrage darauf verwiesen wurde).

  1. Zugluft durch undichte Türen
    Wenn es durch sämtliche Außentüren zieht, ist nach der Rechtsprechung eine Minderung von 5 % angemessen.
  2. Kälte
    Wenn eine angemessene Temperatur in Räumen nicht erreicht werden kann, ist grundsätzlich eine Minderung möglich, allerdings müsste zuvor eine Protokoll geführt werden, in welchem die erreichten Temperaturen in den Räumen erfasst sind. D. h. in jedem Raum Thermometer, täglich mit Datum sowie Außentemperaturangabe notieren. Je nach Ergebnis kommt dann eine zusätzliche Minderung zu der wegen Zugluft bereits erfolgten Minderung in Betracht. Das gilt speziell für den Gastraum.
  3. Defekte Spülung
    Für eine defekte Spülung konnte ich lediglich ein Urteil finden, welches eine Minderung von 5 % zugelassen hat, vgl. AG Warendorf WM 2000, 379. Da vorliegend nicht die generelle Benutzbarkeit aller Toiletten betroffen ist, rate ich jedoch zu einer niedriger angesetzten Minderung von lediglich 1 %.
  4. Geruchsbelästigung aus der Toilette aufgrund des Defekts und der undichten Tür
    Bei Geruchsbelästigungen durch Fäkalgerüche haben Gerichte Minderungsquoten zwischen 10 % und 50 % ausgesprochen. Je nachdem wie stark hier insbesondere auch der Gastraum betroffen ist, wäre die Minderung anzusetzen. Das kann ich so nur schwer beurteilen. Nach Ihrer Schilderung wären wohl 20 % Minderung vertretbar.
  5. Verletzungsgefahr an defekter Eingangstür zum Imbiss u. defekte Tür selbst
    Aufgrund der defekten Tür kann nur eine Minderung erfolgen, wenn die Tür ihren Zweck nicht mehr erfüllt und der Zustand mit einer fehlenden Tür gleichzusetzen wäre. Bei einer innenliegenden (gemeint ist eine Tür im Bereich, auf den nur der Mieter Zugriff hat, keine Eingangstür zum Mietobjekt) Tür könnten dann ca. 5 % gemindert werden, ist eine Eingangstür zum Mietobjekt betroffen und käme der Zustand einer fehlenden Tür gleich, könnten bis zu 15 % gemindert werden.
    Das von dem Zustand eine Gefahr ausgeht, würde im Falle einer tatsächlichen Verletzung zu Schadensersatzansprüchen führen. Das Opfer würde sich an Sie wenden und Sie müssten ggf. den Vermieter in Regress nehmen. Aufgrund der immer bestehenden Schadensminderungspflicht rate ich dringend dazu, hier auch selbst Vorsorge zu treffen. Z. B. Warnschilder, notdürftige Entschärfung der Gefahrenstelle.
    Insgesamt sollte hier eine Minderung von ca. 6 % angemessen sein.
  6. Undichtes Dach und dadurch Wassereintritt im Bereich der Küche
    Ist das Dach undicht und tritt Wasser in die Räume ein, ist nach der Rechtsprechung eine Minderung von 10 - 20 % möglich. Erschwerend kommt hier die Gefahr eines Kurzschlusses hinzu, so dass ca. 12 % angemessen sein sollten.
  7. Wasser nicht abstellbar wg. festgerosteter Hähne
    Hier liegt zwar ein Mangel vor, der dürfte aber als unerheblich gelten. Erst im Schadensfall wäre ein Anspruch gegeben. Dennoch muss der Mangel angezeigt werden.

Addiert man alle Mängel auf, wäre hier eine Gesamtminderung von ca. 44 % wohl durchaus vertretbar.
Generell beginnt das Recht zur Mietminderung mit Auftreten des Mangels. Gleichwohl müssen Mängel dem Vermieter angezeigt werden, da nur die Anzeige des Mangels das Recht zur Minderung auslöst. Daher sollte eine Anzeige des Mangels immer schnellstmöglich erfolgen und die Anzeige kann als Beginn der Minderungsmöglichkeit gesehen werden.
Haben Sie in der Vergangenheit trotz Mängelrügen die Miete nicht ausdrücklich unter Vorbehalt gezahlt, so können Sie nun die Minderung nur noch für die Zukunft vornehmen. Sinnvoll ist eine nochmalige schriftliche Anzeige sämtlicher Mängel. Sie müssen die Mängel genau beschreiben, so dass der Vermieter daraus entnehmen kann, was genau er beheben muss. Die Frist zur Erledigung sollte immer so bemessen sein, wie man unter normalen Umständen mit einer Behebung rechnen kann. Man schätzt also z. B. ab, wie lange man braucht, bis ein beauftragter Handwerker kommt und mit den Arbeiten fertig ist. Ich denke unter normalen Umständen sollten in Ihrem Fall 4 bis 6 Wochen für alles ausreichend sein.
Maßstab für die Minderung selbst ist bei Gewerbemietverhältnissen immer die Bruttomiete, d. h. inklusive Nebenkosten.
Sollten Sie die Mängel ganz oder teilweise bereits bei Vertragsschluss gekannt haben, haben Sie leider kein Recht zur Minderung.
Ein Problem kann sich ergeben, wenn man die Miete in zu hohem Umfang mindert, d. h. wenn z. B. in einem Prozess ein Richter der Meinung ist, bei den Mängeln wäre nur eine Minderung von 10 % statt von 30 % zulässig gewesen. Dann hätte man zu wenig Miete gezahlt und damit ggf. einen Kündigungsgrund verursacht und eine Kündigung wegen Zahlungsverzugs, welche nach Minderungen erfolgte, könnte rechtens sein. Um das zu vermeiden, wäre der sichere Weg, die Miete unter Vorbehalt voll zu zahlen und den errechneten Minderungsbetrag von dem Vermieter - notfalls im Klageweg - heraus zuverlangen.
Eine Mängelanzeige kann z. B. wie folgt aussehen:

(…)
Betr.: Mängelanzeige und Mietminderung

Sehr geehrte(r) Herr/Frau ...
gemäß § 535 BGB sind Sie verpflichtet, Ihre an mich vermieteten Räume (hinzufügen von genauer Adresse) in einem vertragsgemäßen Zustand zu halten. Die angemieteten Räume weisen folgende Mängel auf:
1) ... (möglichst genaue Beschreibung)
2) ...
3) ...
Ich fordere Sie auf, diese Mängel umgehend, spätestens bis zum ... zu beseitigen. Da durch die Mängel der Nutzungswert der Mietsache gemindert ist, mache ich von meinem Mietminderungsrecht Gebrauch und mindere den Mietzins deshalb bis zur endgültigen Beseitigung der Mängel um monatlich ... Prozent. Dabei habe ich die einzelnen Mängel wie folgte bewertet:
1) … (Minderungsquote für den einzelnen Mangel angeben)
2) …
Diese Minderung wird mit Zugang dieser Anzeige wirksam. Da mir bereits für diesen Monat eine Mietminderung zusteht, die Miete für diesen Monat aber schon überwiesen ist, kündige ich an, dass ich den betreffenden Betrag mit der folgenden Miete aufrechnen werde.
(sofern gewünscht: Gleichzeitig mache ich von meinem Recht, die Miete bis zur vollständigen Beseitigung der Mängel zurückzubehalten, Gebrauch.)
(sofern gewünscht: Nach fruchtlosem Ablauf der Frist behalte ich mir vor, das Mietverhältnis fristlos zu kündigen.)

Mit freundlichem Gruß
Unterschrift

Sofern keine Einsicht in die Belege zur Nebenkostenabrechnung gewährt wird, stellt das eine Verletzung der vertraglichen Nebenpflicht des Vermieters dar. Die Konsequenz aus der verweigerten Belegeinsicht ist, dass der Vermieter einen etwaigen Nachzahlungsanspruch gegen den Mieter nicht durchsetzen kann. Das Zahlungsverlangen wäre rechtsmißbräuchlich. Mit anderen Worten, leisten Sie die betreffende Nachzahlung nicht und erhebt der Vermieter deswegen letztlich Klage, wird er den Prozess verlieren.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

Rechtsberatung am Telefon

Telefonieren Sie sofort mit einem Anwalt oder einer Anwältin und stellen Sie Ihre individuelle Frage.

*1,99€/Min inkl. USt. aus dem Festnetz. Höhere Kosten aus dem Mobilfunk.

Telefonanwalt werden

Werden Sie selbstständiger Kooperationsanwalt der Deutschen Anwaltshotline AG:

  • Krisensicherer Umsatz
  • Rechtsberatung per Telefon
  • Homeoffice