Bestehen Härtefallregelungen um den Verbleib kranker ALG 2 Bezieher in ihrer Wohnung zu garantieren?

Online-Rechtsberatung
Stand: 13.12.2017
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

In einigen Monaten wird mein Sohn sein Wirtschaftsabitur fertig haben und unsere gemeinsam genutzte 76 qm Wohnung verlassen, um in Berlin studieren zu gehen.
Ich wohne seit 22 Jahren hier, weil die Miete schon immer sehr günstig war und ich immer gehofft hatte, aus Hartz IV raus zu kommen. Leider bin ich vor 20 J. an Fibromyalgie erkrankt und weiteren 9 anderen Krankheiten. Der Grad meiner Behinderung wurde mit 30% eingestuft und werde 2 mal im Jahr von meinem Arbeitsamtbearbeiter eingeladen und aufgrund meiner Atteste und als alleinerziehende Mutter von 2 kranken Kindern, bislang in Ruhe gelassen, da ich ja immer noch die Hoffnung habe, dass irgendwann ein neues Medikament aus den USA kommt, was mich wieder "gesünder" macht. Ich bin stolz, es geschafft zu haben, mit Hartz IV 2 erwachsene Kinder mit Abitur in unsere Gesellschaft zu integrieren. Leider mußte ich vor 1 Jahr einen neuen Schicksalsschlag hinnehmen, da meine 23jährige Tochter, die inzwischen fertige Diätassistentin ist, die Diagnose "MS" = Multiple Sklerose, bekommen hat. Sie lebt seit ihrer Ausbildung vor 4 Jahren nicht mehr bei uns zu Hause und hat jetzt eine eigene Wohnung in Münster und ist derzeit wieder in Hartz IV aufgrund ihrer Erkrankung, mit der sie erst lernen muß zu leben. Das ist nur ein kleiner Einblick in meine soziale Situation. Dazu kommt noch meine alte kranke Mutter. Für mich bedeutet dass, dass es jederzeit sein kann, dass ich die 76 qm meiner Wohnung brauchen kann, weil entweder meine Tochter oder meine Mutter zum Pflegefall werden. Mir fällt die Bewältigung meines eigenen Lebens aufgrund meiner Erkrankungen schon nicht leicht und weil ich nicht immer gut laufen kann, auch nicht die Wohnung im 3. Stock ohne Aufzug. Ein Umzug in eine kleine Wohnung, wie sie für Singlepersonen vorgesehen ist, könnte ein neuer Anfang für mich sein. Aber selbst dafür habe ich keine Kraft.
Ich bin wegen meiner kranken Familienmitglieder also ganz auf mich alleine gestellt. Mein Sohn hat mir jahrelang helfend zur Seite gestanden, aber der muß jetzt sein Abitur schaffen und anschl. sein eigenes Leben auf die Reihe bekommen. Meine eigentliche Frage geht also in die Richtung, ob sie einen § für eine Härtefallregelung für mich haben, nach dem SGB II, womit ich einen Antrag an die ARGE stellen kann, damit ich hier wohnen bleiben kann, zumal meine 76,12 qm Wohnung, derzeit nur 3,21 pro qm Grundmiete kostet und die ortsübliche Vergleichsmiete 4,43 beträgt. Dazu kommen Betriebs- und Heizungskosten, sodass die Gesamtmiete 470,76 Euro beträgt.
Fakt ist ja auch, dass sie die ARGE mit meiner günstigen Wohnung, weniger in mich investieren muß, als wenn Sie einen Umzug und Renovierung und die Arbeitskosten tragen müßte, weil ich das gesundheitlich ja nicht leisten kann.
Ich würde mich mit diesen Fakten auch an die ARGE wenden, überlege mir, ob ich das jetzt schon in Angriff nehme, um genügend Zeit zu haben gegen einen negativen Bescheid einen Rechtsbestand einzuschalten oder ob ich das Ganze
abwarte, bis es im Juni soweit ist. Dieses in der Luft hängen, ist allerdings für meinen Gesundheitszustand nicht gut, da ich dann wieder Panikattacken bekomme.

Antwort des Anwalts

Sehr geehrte Mandantin,

leider muss ich Ihnen mitteilen, dass es eine Härteregelung für die von Ihnen beschriebene Situation nicht gibt.

Ich weise jedoch zunächst darauf hin, dass die ARGE Sie nicht zwingen kann, eine andere Wohnung zu beziehen. Die ARGE wird aber dadurch Zwang ausüben, dass sie nach einer Übergangszeit von 6 Monaten die an Sie gezahlten Kosten der Unterkunft so weit zurückfahren wird, dass diese nur noch für eine angemessene Wohnung reichen.

Die Angemessenheit richtet sich dabei nur vordergründig nach der Zahl der Quadratmeter. Die Ämter wenden vielmehr die sog. Produkttheorie an, indem sie für Einzelpersonen maximal einen Betrag zahlen, der ausreicht um eine angemessene Wohnung (45 -50 qm) zu finanzieren. Ist die angemietete Wohnung besonders günstig, kann mit diesem Betrag also auch eine größere Wohnung finanziert werden.

Reichen die gezahlten Kosten der Unterkunft zur Finanzierung der Wohnung nicht aus, muss der Leistungsempfänger die Differenz aus dem Regelsatz bezahlen.

Der Verweis auf eine kleinere Wohnung kann nur dadurch umgangen werden, wenn aus gesundheitlichen Gründen ein Umzug nicht zumutbar ist. Dabei wird aber allein auf die Person des Leistungsempfängers und nicht weiterer Personen (Tochter, Mutter)abgestellt. Also: kein Umzug, wenn Ihnen dieser gesundheitlich nicht zumutbar ist.

Sie können natürlich auch Ihre kranke Mutter in Ihre Wohnung mit aufnehmen.Auch dann steht Ihnen wieder eine größere Wohnung zu. Dabei sind allerdings auch andere Aspekte zu beachten (kranke Mutter im 3. Stock; Anrechnung eventuellen Einkommens der Mutter bei Berechnung des ALG II). Hier sollten Sie sich also zuvor beraten lassen.

Ich weise Sie darauf hin, dass die ARGE die notwendigen Kosten des Umzuges übernehmen muss, wenn die ARGE Sie zum Umzug auffordert. Sie sollten daher nicht vorschnell tätig werden sondern abwarten bis Sie aufgefordert werden. Sie haben dann 6 Monate Zeit für den Umzug. Bitte beachten Sie, dass Sie die Zustimmung der ARGE für den Bezug der neuen Wohnung benötigen um Kosten der Unterkunft in maximaler Höhe zu erhalten.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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