50 Minusstunden nach Wiedereingliederung: Rechtens?

Online-Rechtsberatung
Stand: 13.12.2017
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Meine Lebensgefährtin hat eine viermonatige Entwöhnungstherapie wegen Alkoholmissbrauchs in einer Fachklinik verbracht. Seit dem 16.12.2013 schließt sich eine Wiedereingliederung von vier Wochen an, vom 16.12 - 28.12.2013 fünf mal zwei Stunden wöchentlich, vom 30.12.2013 - 11.01.2014 fünf mal vier Stunden wöchentlich. Meine Lebensgefährtin ist Verkäuferin mit 30 Std. pro Woche. Sie hat ein Stundenkontingent von 1285 Std. jährlich. Nach Auskunft ihrer behandelnden Ärztin und der Rentenversicherung gilt sie während dieser Zeit als arbeitsunfähig, die Ersatzzahlung erfolgt über die Rentenversicherung. Der Arbeitgeber zieht aber im Gegensatz zum Krankheitsfall nur die tatsächlch gearbeiteten Stunden vom Kontingent ab, d. h. 10 bzw. 20 Stunden wöchentlich. Dadurch hat meine Lebensgefährtin nach der Wiedereingliederung 50 Minusstunden, die sie anschließend wieder erarbeiten muss. Das kann meiner Meinung nach nicht Sinn einer Wiedereingliederung sein.

Antwort des Anwalts

Zuvor einige grundsätzliche Anmerkungen zum Thema soziale Absicherung während der stufenweisen Wiedereingliederung (Hamburger Modell).
Die stufenweise Wiedereingliederung, auch bekannt als Hamburger Modell, dient dazu, einen erkrankten Arbeitnehmer Schritt für Schritt in ein bestehendes, wegen der Erkrankung ruhendes Arbeitsverhältnis einzugliedern. Solange der Betreffende seine volle Arbeitsfähigkeit noch nicht zurückerlangt hat, gilt er arbeits- und sozialrechtlich als arbeitsunfähig und erhält entsprechende Lohnersatzleistungen. Dies gilt auch bei ihrer Lebensgefährtin in Form der geleisteten Zahlungen durch die Rentenversicherung. Wichtiger Bestandteil der stufenweisen Wiedereingliederung ist, dass die Pflichten aus dem Arbeitsvertrag ruhen. Dies bedeutet konkret, dass der Arbeitnehmer nicht zur Erbringung teilweiser Arbeitsleistung verpflichtet ist und der Arbeitgeber keinen Lohn für die während der Eingliederungsphase erbrachten Leistungen schuldet. Konkret bedeutet dies zudem, dass die während der stufenweisen Wiedereingliederung geleisteten Tätigkeiten nicht als normale Arbeitsleistung anzusehen sind. Sie dienen einzig und allein dem Zweck, den erkrankten Arbeitnehmer im Rahmen seiner Möglichkeiten schrittweise an die ehemals bestehende Arbeitsfähigkeit heranzuführen. Wie gesagt, wesentliches Kriterium der stufenweisen Wiedereingliederung ist, dass die Hauptleistungspflichten der Arbeitsvertragsparteien ruhen.

Vor diesem Hintergrund ist das Verhalten des Arbeitgebers ihrer Lebensgefährtin arbeitsrechtlich zu beanstanden und im Ergebnis nicht zulässig. Soweit der Arbeitgeber nicht berücksichtigt, dass Ihre Lebensgefährtin weiterhin als arbeitsunfähig gilt und er "nur" die tatsächlich während der Wiedereingliederung geleisteten Stunden vom Arbeitszeitkontinent abzieht, kann dies keinen Bestand haben.
Zum einen wird Ihre Lebensgefährtin so behandelt, als ob sie tatsächlich arbeitsfähig wäre. Zum anderen käme es zu einer Ungleichbehandlung im Vergleich zu anderen arbeitsunfähig erkrankten Mitarbeiter, für die vorliegend kein sachlicher Grund erkennbar ist. Im Ergebnis ist Ihrer Lebensgefährtin also zu raten, den Arbeitgeber auf sein unzulässiges Verhalten bezüglich der arbeitszeitlichen Behandlung der während der stufenweisen Wiedereingliederung geleisteten Tätigkeiten hinzuweisen und zu verlangen, dass die Phase der Wiedereingliederung im Hinblick auf die Arbeitszeit wie ein ,,normaler"  Arbeitsunfähigkeitszeitraum behandelt wird.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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