Anwältin bearbeitet Fall nicht: Was kann ich tun?

Online-Rechtsberatung
Stand: 27.09.2016
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Ich wollte zum ersten Mal einen Behindertenfahrdienst beauftragen um mich zu befördern. Beim Einladen bin ich durch deren Handhabung nach hinten umgekippt und habe mir den Oberarm gebrochen. Daraufhin habe ich eine Rechtsanwältin gebeten meine Interessen gegenüber der Firma zu vertreten.

Durch den Unfall bin ich schwerstpflegebedürftig geworden. Der Unfall ereignete sich am im Januar 2014. Ich habe die Rechtsanwältin Anfang März konsultiert und sie hat die Sache übernommen. Seitdem sind zwei Briefe zur Firma geschrieben worden. Bei Anfragen ist die Rechtsanwältin nicht zu sprechen, in Urlaub oder sonst verhindert.

Ich fühle mich hintergangen durch die Nichtbearbeitung meiner Angelegenheit. Die Mitarbeiterin der Firma hat mir meine Eigenständigkeit genommen. Meine Rechtsanwältin weiß dies und macht nichts. Ich bin nicht in der Lage sie zu bezahlen, denn ich bin versichert. Ich bin aber nicht gegen die Untätigkeit der Anwältin versichert. Was kann ich tun?

Antwort des Anwalts

Wenn die Kollegin Verhandlungen mit den Anspruchsgegnern führt, hier wohl mit der Firma, dann dürfte § 203 BGB *1) einschlägig sein. Danach wird, wenn zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände schweben, die Verjährung solange gehemmt, bis der eine oder der andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert. Die Verjährung tritt frühestens drei Monate nach dem Ende der Hemmung ein.

Eine Ausschlussfrist, wonach nach Ablehnung der Ansprüche eine gerichtliche Geltendmachung erfolgen musste (vgl. § 12 Abs III VVG alter Fassung) gibt es nach dem Versicherungsvertragsgesetz (VVG) aus 2008 *3) nicht mehr.

Besondere Eile, die etwa einen Antrag auf einstweilige Anordnung rechtfertigen könnte,oder sonstige sofortige anwaltliche weitere Tätigkeit, ist nach dem mitgeteilten Sachverhalt nicht ersichtlich.

Im Einzelnen hängt es dann von der individuellen Persönlichkeit des Anwalts und des Mandanten ab, wie schnell der Fall bearbeitet wird. Genaue Vorgaben sieht die Rechtsordnung insoweit nicht vor. Allzu schnelle Bearbeiter schludern gerne mal und Ihnen ist auch nicht damit gedient, wenn ein blitzschnell eingeklagter Fall dann später wegen irgendwelcher Einwände der Gegenseite verloren geht, die man hätte vorher leicht klären können. Das würden Sie Ihrer Anwältin erst recht übel nehmen.

Dennoch ist es natürlich in Ihrem Interesse, dass der Fall zügig weiter betrieben wird. Die Pflichten der Kollegin zur Beratung des eigenen Mandanten richten sich nach dem individuellen Beratungsbedarf.

Gegebenenfalls kann, wenn durch die verzögerliche Sachbearbeitung ein Schaden entsteht, auch ein Verzögerungsschaden des Mandanten geschuldet werden. Die Rechtsanwälte haben für derartige Fälle eine berufliche Haftpflichtversicherung.

Weshalb die Kollegin von der Anwaltssozietät aus Dortmund, den Fall Ihrer Einschätzung nach verzögerlich bearbeitet, ist hier auch nicht recht ersichtlich und man müsste spekulieren.

Es sei aber darauf hingewiesen, daß es viele beachtliche Gründe gibt, und eine zeitweilige Verzögerung für einen angemessenen Urlaub im Sommer ist wie jedem arbeitenden Menschen einem Anwalt auch zuzubilligen.

Es gibt hier auch sonst vielfältige Pflichten des Anwalts auch zur Aufklärung des Sachverhalts, die die Verzögerungen erklären könnten.

Tipp: Es mangelt hier offensichtlich an Kommunikation zwischen Anwalt und Mandant. Unternehmen Sie hier verstärkt weitere Versuche. Manchmal ist für den Anwalt etwas glasklar ersichtlich, was für den Mandant noch längst nicht so klar scheint. Das muss gegebenenfalls nur vermittelt werden.

Häufig mag eine Verzögerung in diesem Bereich daran liegen, daß die Finanzierung eines Rechtsstreits (noch) nicht geklärt ist.

Wenn etwa die Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung nur für außergerichtliche Tätigkeit erteilt wurde, für einen dann notwendigen Folgeprozess aber noch nicht erfolgt ist, und/oder wenn z.B. ein eingeforderten Vorschuss der Kollegin nach § 9 RVG nicht bezahlt worden wäre, und sonst keine Finanzierung erfolgt ist, dann braucht die Kollegin den Fall nicht weiter zu bearbeiten. Umsonst muss natürlich auch ein Anwalt nicht arbeiten. Der Spruch „ohne Schuss kein jus“ dürfte insoweit bekannt sein.

Häufig gibt es auch inhaltliche Bedenken, die der Grund für Verzögerungen bei dem sachbearbeitenden Anwalt sind. Möglicher Weise wird auch nur noch auf eine Antwort des Gegners gewartet. Man sollte immer auch die andere Seite erst einmal anhören, bevor vorschnelle und riskante Schritte unternommen werden. Besonders, wenn man sich mit einem Großschaden vor Gericht wagt, müssen pflichtgemäß alle Konsequenzen behutsam vorher geplant und bis ins letzte durchdacht sein.

Den Hinderungsgrund, wie auch immer geartet, sollten Sie, sofern noch nicht geschehen, behutsam, nach dem Scheitern von direkten Kontaktversuchen, am einfachsten dadurch herausbekommen, indem Sie Kontakt per Email suchen, oder schriftlich per Fax oder Einschreiben Anfragen nach dem Sachstand Ihres Falles an die Kollegin richten.
Dies könnten Sie verbinden mit der höflichen Bitte, etwaige Hinderungsgründe für weitergehende rechtliche Schritte mitzuteilen und Sie darüber aufzuklären.

Sie können als Mandant auch darum bitten, einen Besprechungstermin für das weitere Vorgehen zu bekommen. Ein Termin für Mandanten kann normaler Weise auch problemlos so mit dem Sekretariat vereinbart werden kann.

Gegebenenfalls sind in diesem Rahmen auch erst einmal Fristen zu setzen.

Erst, wenn diese ganzen direkten Versuche weiterhin scheitern, dann kämen als nächste wirksame Eskalationsstufen bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Anwalt und eigenem Mandant die Drohung unter Fristsetzung, und schließlich der Kontakt mit der für die Kollegin zuständigen Anwaltskammer4), in Ihrem Fall wohl die Rechtsanwaltskammer Hamm 5) in Frage.

Auch der Hinweis darauf, daß Sie beabsichtigen, die Kollegin auf entsprechenden Internetportalen (natürlich entsprechend gut) zu bewerten, übrigens sogar auf der eigenen Seite der Kollegin, die bislang dort noch überhaupt keine Bewertung zu verzeichnen hat, könnte die Arbeit möglicherweise beschleunigen bzw. zumindest die Kommunikation verbessern.

Es gibt bei der Anwaltskammer ein eigenes Beschwerdeverfahren, wenn es um die anwaltlichen Pflichten geht, genaue Vorgehensweise und Kosten bitte dort erfragen.

Alternativ käme gegebenenfalls auch ein Beschwerdeverfahren bei der Schlichtungsstelle für Rechtsanwälte in Berlin in Betracht *4).

Wenn Sie beabsichtigen, in der Angelegenheit der Kollegin das Mandat zu entziehen, dann sollten Sie das vorab hinsichtlich der Kosten genau mit dem neuen Anwalt und der Kollegin klären. Die Mehrkosten bleiben sonst bei Ihnen hängen. Denken Sie daran, daß der einfache Schriftverkehr normaler Weise bereits ausreicht, um eine außergerichtliche Geschäftsgebühr in Höhe von 1,3 Gebühren nach RVG anfallen zu lassen, und das ist bei hohen Streitwerten nicht zu unterschätzen.

Wer zwei Anwälte in einer Angelegenheit beauftragt, muss eventuell einen davon selbst bezahlen, selbst wenn er im Ergebnis obsiegt.

Hier sollten Sie eventuell vorab auch anfragen, ob die Kollegin, sofern Sie den Fall nicht weiter betreibt, auch freiwillig bereit ist, auf Ihr Honorar in dieser Angelegenheit zu verzichten. Erfahrungsgemäß ist dies leichter dann, wenn noch kein Vorschuss bezahlt worden ist. Manche Kollegen übernehmen Mandat auch und verzichten insoweit auf doppelte Abrechnung. Das sollten Sie sich aber vorher schriftlich bestätigen lassen.

Inhaltlich wurde zum Sachverhalt selbst zu wenig mitgeteilt, um dazu rechtlich genauer Stellung nehmen zu können. Ich darf darauf hinweisen, daß Sie auf demselben Wege uns den bisherigen Schriftverkehr ganz als PDF-Anlage oder auszugsweise einreichen können und einen Kostenvoranschlag einholen für eine juristische Auswertung der bisherigen Sach- und Rechtslage, das dann für Sie vielleicht auch als Zuarbeit für die Kollegin hilfreich sein könnte.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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