Kirchensteuerforderung trotz lange zurückliegendem Kirchenaustritt

Online-Rechtsberatung
Stand: 19.10.2015
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Mein Vater, geb.1933, in Potsdam evangelisch getauft, ist 1966 in Saarbrücken aus der evangelischen Kirche ausgetreten. Während seiner langen Berufstätigkeit als Beamter und anschließend als Pensionnär hat er folglich niemals Kirchensteuer bezahlt oder war in irgendeiner kirchlichen Gemeinde registriert. Jetzt soll er plötzlich für 2014 Kirchensteuer nachbezahlen. Er selber hat keine Urkunde, die den Kirchenaustritt bezeugt. Im saarländischen Amtsgericht werden solche nach 10 Jahren gelöscht.
Wie soll er sich verhalten?

Antwort des Anwalts

Ihr Vater sollte vorsorglich den Kirchenaustritt noch einmal wiederholen, was gegen eine bescheidene Gebühr entweder beim Standesamt oder dem Amtsgericht möglich ist. Zumindest die katholische Kirche pflegt darauf meines Wissens mit einem bitterbösen Standardschreiben zu reagieren, mit ewiger Verdammnis zu drohen und er bekommt dann logischer Weise u.a. kein kirchliches Begräbnis, was rechtlich aber bedeutungslos ist.
Ihr Vater kann eventuell bei einer ungerechtfertigten Veranlagung zur Kirchensteuer 2014 und 2015 bis zum Austritt trotz des damaligen Austritts die Löschung der Unterlagen über den Kirchenaustritt einzuwenden versuchen und den damaligen Kirchenaustritt sowie den Verlust der Unterlagen an Eides Statt versichern bzw. versuchen, sonstige Zeugenaussagen für den damaligen Kirchenaustritt anzubieten.
Sofern er sich noch in der Einspruchsfrist befindet, müsste bzw. kann er etwaige Kirchensteuerbescheide, soweit schon vorhanden, fristgerecht mit dem Einspruch anfechten. Zur Vermeidung von Vollstreckungsmaßnahmen sollte er aber vorläufig erst einmal die nachgeforderte Kirchensteuer bezahlen, die im Fall des Obsiegens einschließlich Zinsen wieder zurück erstattet wird. Die gezahlte Kirchensteuer kann bei der Einkommensteuererklärung übrigens in voller Höhe als Sonderausgaben abgezogen werden, vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG.
Tipp: Ihr Vater könnte vielleicht noch daran denken, Akteneinsicht zu nehmen in die Kirchenbücher in Potsdam. Jedenfalls wenn diese ordentlich geführt wurden, müsste der Austritt darin vermerkt worden sein.
Im Ergebnis wird über den Einspruch sodann rechtlich wohl die Beweislast entscheiden:
Wenn die Kirche eine einmal bestehende Kirchenmitgliedschaft beweisen kann, und das ist durch die Taufdokumente und Kirchenbücher ja unbestreitbar dokumentiert, dann muss Ihr Vater bedauerlicher Weise nach herrschender Meinung den Kirchenaustritt beweisen. Wenn ihm das nicht gelingt, dann muss er das wohl so akzeptieren.

*) Unter meiner Antwort befinden sich:

Fußnoten, Zitate von einschlägigen Gesetzestexten, Urteilen, weiterführende Literatur, Links im Internet etc.
Einschlägige Urteile zum Kirchenaustritt:
Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg, Urteil vom 18. Dezember 1998, Aktenzeichen 9 K 252/93, Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg Urteil vom 06.09.2006 Aktenzeichen OVG 9 B 25.05

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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