Muss ich für die Bestattung meiner Mutter aufkommen?

Online-Rechtsberatung
Stand: 12.12.2017
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Wer ist verpflichtet in folgender Fallkonstellation die Bestattungskosten zu tragen, bzw. wer ist berechtigt, Hilfe zu den Bestattungskosten zu beantragen:

Eine alleinstehende, mittellose Mutter ohne nennenswerten Nachlass, deren Bestattung zu finanzieren ist, hat zwei eheliche Kinder,.

Kind 1 lebt von aufstockender Grundsicherung und ist ansonsten mittellos. Zwei leibliche Kinder (Enkel) erzielen jeweils ein monatliches Netto-Einkommen von ca. 1.400 Euro.

Kind 2 (ohne eigene Kinder) hat ein Einkommen aus einer Erwerbsunfähigkeitsrente ({800 €/Monat) ist jedoch verheiratet und lebt mit dem Ehegatten, dessen regelmäßige Einkünfte aus Rente und Vermietung/Verpachtung ca. 3.000 Euro monatlich betragen im eigenen Haus.

Antwort des Anwalts

Die Bestattungspflicht ist länderrechtlich geregelt. In allen Bundesländern ist mittlerweile ausdrücklich bestimmt, dass Leichen innerhalb bestimmter Fristen zu bestatten sind. Für Nordrhein-Westfalen beispielsweise wird die Bestattungspflicht angeordnet durch § 8 Abs. 1 BestattG,NI.
Sinn der Bestattungspflicht ist der Schutz der Totenwürde sowie die Abwehr von Gesundheitsgefahren. Tote im Sinne des Bestattungsrechts sind die sterblichen Überreste verstorbener Personen, die nach ihrer Geburt gelebt haben sowie Tot- und Fehlgeburten.

Die Bestattungspflicht obliegt den in § 8 Abs. 3 BestattG,NI genannten Angehörigen des Verstorbenen.
Nur in Rheinland-Pfalz obliegt die Bestattungspflicht abweichend hiervon den Erben (§ 9 Abs. 1 BestG,RP). Allerdings besteht auch hier eine Bestattungspflicht der nahen Angehörigen, sofern der Erbe nicht rechtzeitig ermittelt werden kann. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Verstorbene zuletzt persönliche Beziehungen zum Angehörigen unterhielt. Die Bestattungspflicht knüpft allein an das abstrakte verwandtschaftliche Verhältnis an (VG Düsseldorf, 19.02.2009 - 23 K 1676/08).

Hat die Ordnungsbehörde eine Bestattung vorgenommen, kann sie, unbeschadet der zivilrechtlichen Vorschriften über die Tragung der Beerdigungskosten (z.B. von Erben), von dem nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften des Landesrechts Bestattungspflichtigen Ersatz ihrer Auslagen in Anwendung des Landesverwaltungsvollstreckungsgesetzes verlangen (BVerwG, 19.08.1994 - 1 B 149/94, NVwZ-RR 1995, 283). Die Kostenanforderung hat durch Leistungsbescheid zu erfolgen. Nach VG Saarlouis, 08.12.2010 - 11 L 2288/10, NVwZ-RR 2011, 392, besteht die Bestattungskostenpflicht auch im Falle einer Erbausschlagung. Durch die Ausschlagung der Erbschaft könne sich der Erbe nur von solchen Verbindlichkeiten befreien, die ihren Rechtsgrund gerade in der Erbenstellung haben. Verpflichtungen aus anderem Rechtsgrund (hier: Bestattungspflicht) bleiben hingegen auch nach Ausschlagung der Erbschaft bestehen.
Dritte können bestattungsrechtlich nur dann verantwortlich sein, wenn sie sich ausdrücklich verpflichtet haben (VG Trier, 24.10.2006 - 2 K 522/06.TR).

Die fragliche Vorschrift in § 8 III hat folgenden Wortlaut:

„(3) Für die Bestattung der verstorbenen Person haben in folgender Rangfolge zu sorgen:

  1. die Ehegattin oder der Ehegatte oder die eingetragene Lebenspartnerin oder der eingetragene Lebenspartner,

  2. die Kinder,

  3. die Enkelkinder,

  4. die Eltern,

  5. die Großeltern und

  6. die Geschwister.“

    Daraus folgt, dass zunächst grundsätzlich beide Kinder zu den Bestattungskosten herangezogen werden können.

Zur Frage, ob hier die Kostenübernahme durch das Sozialamt beantragt werden kann, ist folgendes zu beachten:

Der Sozialhilfeträger ist verpflichtet, die erforderlichen Kosten einer Bestattung zu übernehmen, wenn es dem zur Kostentragung Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten selbst zu tragen.
Anspruchsberechtigt gemäß § 74 SGB XII und damit Leistungsberechtigter ist jedoch nur

eine natürliche Person,

die öffentlich-rechtlich oder

zivilrechtlich

zumindest anteilsmäßig

verpflichtet ist, die Bestattungskosten zu tragen (u.a. BVerwG, 13.03.2003 - 5 C 2/02). Wer die Bestattung ohne Rechtspflicht, z.B. lediglich aus dem Gefühl sittlicher Verpflichtung übernimmt, ist nicht anspruchsberechtigt (vgl. jüngst SG Düsseldorf, Gerichtsbescheid 20.10.2011 - S 30 SO 297/11; SG Osnabrück, 02.07.2014 - S 4 SO 222/11)).

Das wären nach Ihren Angaben und obigen Feststellungen die beiden Kinder.

Zu beachten ist allerdings auch hier, dass eine Hilfegewährung im Hinblick auf den Nachranggrundsatz nur dann in Betracht kommt, soweit keine entsprechenden Ansprüche nach anderen öffentlich-rechtlichen oder zivilrechtlichen Bestimmungen bestehen. Umstritten ist, wer den Nachweis über das Nichtvorhandensein vorrangiger Ansprüche erbringen muss (vgl. den Streitstand LSG Hamburg, 29.09.2006 - L 4 B 390/06 ER SO, sowie LSG Schleswig-Holstein, 14.03.2006 - L 9 B 65/06 SO ER). Nach LSG Nordrhein-Westfalen, 29.10.2008 - L 12 SO 3/08, kann der Hilfesuchende nur auf präsente Hilfemöglichkeiten verwiesen werden. Demnach muss eine konkrete Selbsthilfemöglichkeit zumutbar und geeignet sein, die gegenwärtige Notlage auch tatsächlich abzuwenden. Ist eine Bestattung noch nicht vollzogen, soll bereits aus Gründen der Pietät nicht verlangt werden können, dass die Bestattung über eine längere Zeit zurückgestellt wird, bis zivilrechtliche Ansprüche geklärt sind (SG Detmold, 13.03.2008 - S 6 SO 49/08 ER). Nach BSG, 29.09.2009 - B 8 SO 23/08 R. können im Sinne der sozialhilferechtlichen Bestimmungen bedürftige Hilfesuchende nicht auf vorrangige Ansprüche verwiesen werden, wenn diese zweifelhaft sind oder einer gerichtlichen Durchsetzung bedürfen. Es ist jedoch auch nicht Aufgabe des Sozialhilfeträgers, etwa bei innerfamiliären Zerwürfnissen, wie sie nach Todesfällen nicht selten aufträten, als "Ausfallbürge" zur Verfügung zu stehen (SG Karlsruhe, 28.11.2014 - S 1 SO 903/14).

Zur Kostentragung verpflichtet sind in der nachstehenden Reihenfolge:

Vertraglich Verpflichtete (z.B. aus einem notariellen Vertrag haftend),

Erben (§ 1968 BGB),
der Vater des Kindes beim Tode der nicht mit ihm verheirateten Mutter infolge der Schwangerschaft oder Entbindung (§ 1615m BGB),

der Unterhaltspflichtige (§ 1615 Abs. 2 BGB),

derjenige, der aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Bestattungspflicht (Ehegatte, Kinder, Eltern oder Geschwister) die Kosten aus Werkvertrag (§ 631 BGB) mit dem Bestattungsunternehmer oder durch Heranziehung der Ordnungsbehörde zu tragen hat.
Hierbei reicht die aufgrund der sich aus den landesrechtlichen Bestimmungen des Bestattungsrechts ergebende öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht aus, obwohl diese nicht die unmittelbare Kostentragung regelt. Eine Konkretisierung der ordnungsrechtlichen Pflicht durch Ordnungsverfügung ist nicht erforderlich.

Die Entscheidung, inwieweit einem Verpflichteten die Kostentragung zugemutet werden kann, ist eine Billigkeitsentscheidung, die der vollen sozialgerichtlichen Überprüfung unterliegt. Bei der Ermittlung der Zumutbarkeit sind vor allem

die Höhe des Nachlasses,

die Höhe des voraussichtlichen Bestattungsaufwandes,

die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Verpflichteten (und dessen Ehegatten) und

etwaige besonders enge menschliche Beziehungen zum Verstorbenen

zu berücksichtigen, wobei die Kostentragung umso höher sein kann, je enger das Verwandtschaftsverhältnis zum Verstorbenen war.

Bei der Feststellung der Zumutbarkeit sind auch die Regelungen für den Einsatz der eigenen Mittel von Leistungsberechtigten im 11. Kapitel des SGB XII zu berücksichtigen. Hinsichtlich des einzusetzenden Einkommens und Vermögens ist nach § 19 Abs. 3 SGB XII auf das Einkommen und Vermögen der Einsatzgemeinschaft abzustellen.
Eine Bedürftigkeit und damit Unzumutbarkeit zu Tragung der Bestattungskosten muss sich nach Ansicht des BSG, 29.09.2009 - B 8 SO 23/08 R, sowohl zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Forderung des Bestattungsunternehmers als auch zum Zeitpunkt der Behördenentscheidung ergeben.

Die Übernahme der Kosten ist zumutbar, soweit die Kosten aus dem Nachlass bestritten werden können oder hinreichende Sterbegeldansprüche bestehen.

Der Nachlass ist nach Ansicht des SG Karlsruhe, 19.01.2010 - S 1 SO 5729/08, nicht um die Nachlassverbindlichkeiten zu bereinigen. Einzusetzen ist daher das Nachlassvermögen ohne Berücksichtigung von Schulden.

Bei der Festlegung, was zumutbar ist, kann vom zuständigen Leistungsträger berücksichtigt werden, dass der Leistungsberechtigte Bestattungskosten als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG geltend machen kann.

Die Zumutbarkeitsprüfung hat bei mehreren Erben bzw. Verpflichteten für jeden Anspruchssteller gesondert zu erfolgen.

Bei der Ermittlung des im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung einzusetzenden Einkommens ist wie folgt vorzugehen:

Ermittlung des anrechenbaren Einkommens, ggf. der gesamten Einsatzgemeinschaft

Ermittlung der maßgebenden Einkommensgrenze
Bei der Ermittlung der maßgebenden Einkommensgrenze bleiben Zahlungen zur Tilgung von Krediten unberücksichtigt, da es sich insoweit um Zahlungen handelt, die in das Vermögen des Leistungsberechtigten fließen (SG Stade, 02.11.2012 - S 19 SO 76/11)

Ermittlung des übersteigenden Einkommens

Relativierung des Einkommens aufgrund des Näheverhältnisses zum Verstorbenen,

Soweit der Bezug von Leistungen nach dem SGB II erfolgt, ist keine Ermittlung von Einkommen und Vermögen vorzunehmen. Bedürftigkeit nach dem SGB II ist nach BSG, 29.09.2009 - B 8 SO 23/08 R, auch als Bedürftigkeit im Sinne des SGB XII anzuerkennen.

Die Frage, welche erforderlichen Kosten abgerechnet werden können, ist individuell zu beantworten. Die Sozialhilfeträger haben zumeist mit den Vertrauensmännern des Landesfachverbandes des Deutschen Bestattungsgewerbes Abrechnungssätze vereinbart, die jeweils zugrundegelegt werden.

Hieraus folgt, dass beide Kinder den Antrag auf den Weg bringen müssen, ob und inwieweit das zweite Kind, das mietfrei wohnt und dessen Ehemann über ein gutes Einkommen verfügt, deswegen zur Kostentragung mangels Übernahme durch das Sozialamt herangezogen werden kann, ergibt sich erst nach Überprüfung des dann zu erlassenden Bescheides.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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