Verjährungsfrist bei Verleumdung

Online-Rechtsberatung
Stand: 12.12.2017
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Beginnt die Verjährungsfrist bei Verleumdung/übler Nachrede mit dem Zeitpunkt der Äußerung des Behauptenden (also im vorliegenden Fall vor sechs bis sieben Jahren) oder zum Zeitpunkt, an dem der Dritte (Betroffene) davon Kenntnis erlangt (also erst heute)?

Antwort des Anwalts

Hier ist wiederum zu differenzieren zwischen der bereits dargestellten Verfolgungsverjährung im Strafrecht sowie der zivilrechtlichen Verjährung.
Die strafrechtliche Verfolgungsverjährung beginnt, wenn die Tat vollendet ist. In Ihrem Falle also dann, wenn die Verleumdung/Üble Nachrede in die Welt gesetzt wurde, also im damaligen Zeitpunkt. Auf Ihre Kenntnis kommt es in diesem Falle nicht an.
Strafrechtlich wäre also gegenüber dieser ersten Person nichts mehr zu machen. Etwaige strafrechtliche Schritte gegen die jetzt Verbreitenden sind aber durchaus möglich. Da ist es nicht von Belang, dass diese die Kenntnis über Jahre stillschweigend hatten.

Zur zivilrechtlichen Verjährung gelten die Ausführungen des § 199 BGB:
§ 199 gilt nur für die Regelverjährung gleich ob diese direkt oder durch Verweisung anzuwenden ist. Dabei stellt § 199 das Korrektiv zur kurzen 3-jährigen Verjährungsfrist dar. Nach I bedarf es für den Beginn der Verjährung des Anspruchs neben dem Entstehen (objektiv) auch der Kenntnis (subjektiv) des Anspruchsinhabers. Neu eingefügt wurde IIIa, sowie die Klarstellung in I, dass durch Sonderregeln rein objektive Anknüpfungspunkte der Verjährung bestimmt sind und diese selbstverständlich vorgehen.
Der Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist bestimmt sich zum einen nach der Anspruchsentstehung, zum anderen nach der entspr Kenntnis bzw grob fahrlässigen Unkenntnis des Gläubigers.
Ein Anspruch ist in dem Augenblick entstanden, in dem er erstmals geltend gemacht und ggf durch Klage durchgesetzt werden kann (BGHZ 55, 341; NJW-RR 00, 648). Dies entspricht dem Begriff der Fälligkeit (BGHZ 53, 225; ZIP 01, 613 stRspr). Völlig deckungsgleich sind die Begriffe der Fälligkeit und des Entstehens des Anspruchs allerdings deshalb nicht, da die Möglichkeit, schon vor Fälligkeit eine verjährungsunterbrechende Feststellungsklage zu erheben, eine Verjährungsfrist beginnen lassen kann (BGHZ 73, 365; NJW 82, 1288). Folgerichtig ist die Bezifferbarkeit eines etwaigen Anspruchs für dessen Entstehung irrelevant (BGHZ 79, 178). Die Möglichkeit der Erhebung einer Feststellungsklage lässt allerdings umgekehrt den Anspruch nicht immer entstehen (BGHZ 100, 233). Obwohl die nachträgliche Genehmigung nach § 184 I auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts zurückwirkt, beginnt die Verjährung eines so entstehenden Anspruchs frühestens mit der Genehmigung zu laufen (RGZ 65, 248; BaRoth/Henrich Rz 4; MüKo/Grothe Rz 5). Gleiches gilt für eine Rückdatierung, es sei denn, damit wäre die Vereinbarung einer verkürzten Verjährungsfrist nach § 202 II verbunden. Aufschiebend bedingte Ansprüche verjähren frühestens mit Bedingungseintritt (BGHZ 47, 391; NJW 87, 2745).
Besonders geregelt ist in Absatz 5 der Beginn der Verjährung für Unterlassungsansprüche. Solange keine Zuwiderhandlung vorliegt, kann ein Unterlassungsanspruch schlechterdings nicht durchgesetzt werden. Eine Verjährung etwaiger Ansprüche kommt damit erst ab Zuwiderhandlung in Betracht. Jede Zuwiderhandlung löst eine neue Verjährung aus.
Die Zuwiderhandlung fand aber nach Ihren Ausführungen bereits vor 6 bis 7 Jahren statt und blieb eine einmalige Angelegenheit.
§ 199 I Nr 2 fordert neben dem objektiven Kriterium des Entstehens des Anspruchs als weitere Voraussetzung des Verjährungsbeginns die Kenntnis bzw grob fahrlässige Unkenntnis des Gläubigers vom Anspruch. Mit diesem subjektiven Kriterium wird die Schärfe der Kürze der Regelverjährung kompensiert.
Die Kenntnis muss in der Person des Anspruchsberechtigten vorliegen.

Nr. 2 verlangt nur die Kenntnis der Tatsachen nicht jedoch eine rechtliche Würdigung durch den Anspruchsinhaber (BGH NJW 96, 118 stRspr, zuletzt OLGR Bamberg 06, 663). Anderes gilt allenfalls bei Ansprüchen, die sich aus komplexen Rechtskonstruktionen bspw Kapitalanlagebetrug ergeben (BGH NJW 94, 3093). Das Verkennen von Anspruchsgrundlagen, eine Änderung der Rspr und ähnliches hindert Tatsachenkenntnis nicht.
Erforderlich ist die Kenntnis der einen Anspruch begründenden Umstände, dh derjenigen Tatsachen, die zusammen den Tatbestand eines gesetzlichen Anspruchstatbestandes ausfüllen. Erforderlich ist dafür zunächst die Kenntnis vom Schaden, wobei dieser nicht dem Umfang, sondern nur dem Grunde nach bekannt sein muss (BGHZ 67, 373, stRspr). Erkennt der Gläubiger eine eingetretene Beeinträchtigung allerdings nicht als Schaden, liegt keine Kenntnis vor. Eine detaillierte Kenntnis naturwissenschaftlicher Kausalverläufe ist nicht erforderlich, es reicht das Wissen um die zugrunde liegenden Tatsachen (BGH NJW 84, 661; 91, 2351). Lässt sich aus den Tatsachen allerdings für den Laien nicht das Vorliegen eines anspruchsbegründenden Merkmals erschließen, erkennt bspw der von Steinschlag verletzte Wanderer nicht den über ihm befindlichen Felskletterer, liegt keine Kenntnis vor. Nicht notwendig ist ferner umfassende Tatsachenkenntnis, es genügt wenn auf Grundlage der Tatsachenkenntnis eine hinreichend aussichtsreiche Klage erhoben werden kann (BGHZ 102, 246; 122, 317, stRspr). Unerheblich ist ferner die Kenntnis von etwaigen Rechtfertigungsgründen oder das Nichtvertretenmüssen auf Seiten des Schuldners, ebenso wenig, dass dem Gläubiger keine ausreichenden Beweismittel zur Verfügung stehen (Staud/Peters Rz 47). Gehört zum Tatbestand ein Verschulden des Anspruchsgegners, muss sich die Kenntnis auch darauf beziehen (BGH NJW 93, 2614). Für innere Tatsachen, bspw Vorsatz, reicht die Kenntnis äußerer Umstände, die auf das Vorhandensein der inneren Tatsachen schließen lassen (BGH NJW 64, 494). Sind mehrere Pflichtverletzungen jeweils eigenständig anspruchsbegründend, kommt es auf die jeweilige Kenntnis an (BGH NJW 08, 506).
Kenntnis setzt auch die Kenntnis des Anspruchsschuldners voraus, wobei dessen Identität so konkretisiert sein muss, dass eine Klage mit hinreichender Erfolgsaussicht anhängig gemacht werden kann (BGHZ 102, 248). Regelmäßig ist damit Kenntnis von Name und Anschrift erforderlich. Bloße Ermittlungsmöglichkeiten reichen dagegen nicht aus (BGH NJW 98, 2908). Kommen mehrere Personen als Schuldner in Betracht, läuft die Verjährungsfrist ggü dem tatsächlichen Schuldner erst dann, wenn keine substanziellen Zweifel mehr an dessen Identität bestehen. Bei Gesamtschuldnern kommt es auf die Kenntnis des Einzelnen an, sodass die Verjährung uU unterschiedlich laufen kann (BGH NJW 01, 964). Bei der Amtshaftung ist das Wissen um die Haftung des Staates unerheblich, für den Verjährungsbeginn erforderlich ist aber die Kenntnis, dass der Beamte entweder vorsätzlich gehandelt hat oder keine bzw keine hinreichende anderweitige Ersatzmöglichkeit besteht (BGHZ 121, 71). Gleiches gilt für die Notarhaftung (BGH NJW 93, 2741). Bei Ansprüchen gegen einen Geschäftsherrn wegen Gehilfenverschulden bedarf es nur des Wissens um den Geschäftsherrn, nicht jedoch um den Gehilfen (BGH NJW 99, 424).
Neben der Kenntnis reicht die grob fahrlässige Unkenntnis des Gläubigers von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners aus, um die Verjährung beginnen zu lassen. Grobe Fahrlässigkeit setzt voraus, dass der Gläubiger sich bei auch nur mäßiger Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt Kenntnis hätte verschaffen können. Es bedarf also eines ungewöhnlich großen Maßes der mangelnden Sorgfalt. Dies ist bspw dann gegeben, wenn ein Gläubiger aufgrund unzureichender Organisation nicht für eine strukturell ausreichende zeitnahe Erfassung von Forderungen Sorge trägt, ein- und ausgehende Beträge nicht kontrolliert, keine sorgfältige Kontrolle von Buchungsunterlagen durchführt. Grob fahrlässig verhält sich ferner, wer bei bestehenden Indizien diesen nicht nachgeht auch wenn sich aufdrängte, dass damit Kenntnis erlangt werden könnte (BGH NJW 90, 2808). Bei fehlenden Indizien besteht aber keine weitere Ermittlungspflicht, bspw braucht ein Patient nicht die Krankenhausunterlagen zu durchsuchen (BGH NJW 89, 2324). Weiß der Patient aber, dass ihm ein Schaden im Krankenhaus entstanden ist, muss er sich um die Identität des zuständigen Arztes bemühen. Ist ihm das Kfz-Kennzeichen des Schädigers bekannt, muss er Ermittlungen zu dessen Identität anstellen. Voraussetzung ist immer, dass greifbare Erkenntnismöglichkeiten ohne Not über längere Zeit ausgelassen wurden und naheliegende Ermittlungsmaßnahmen die notwendige Kenntnis erbracht hätten (BGH NJW 89, 2323).
Nach den obigen Ausführungen beginnt daher die zivilrechtliche Verjährung erst ab Kenntnis. Nach dem mitgeteilten Sachverhalt ist eine Kenntnis oder eine grob fahrlässige Unkenntnis nicht gegeben.

Ich sehe aber das Problem, wie bereits ausgeführt dort, dass die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruches gegenüber dem ersten Verbreiter auch das Bestehen einer Wiederholungsgefahr voraussetzt.
Die Wiederholungsgefahr ist eine materielle Anspruchsvoraussetzung (vgl. BGH, NJW 1995, 132). Sie ist die auf Tatsachen gegründete objektiv ernstliche Besorgnis des Eintritts einer Störung. Maßgebend ist der Schluss der mündlichen Verhandlung. Zumeist begründet eine vorangegangene Verletzung eine tatsächliche Vermutung für eine Wiederholungsgefahr, an deren Widerlegung durch den Störer hohe Anforderungen zu stellen sind (vgl. BayOblG, NJW-RR 1987, 463 [BayObLG 11.12.1986 - 2 BReg Z 119/86]; OLG Köln, NJW-RR 1993, 97 [OLG Köln 18.03.1992 - 2 U 152/91]; Palandt/Bassenge, BGB, § 1004 Rn. 29 m.w.N.).
Sollte diese Person aber tatsächlich nur einmal vor 6 bis 7 Jahren eine falsche Behauptung in die Welt gesetzt haben und seither zu diesem Vorgang geschwiegen haben, ist nach allgemeinen Grundsätzen eine Wiederholungsgefahr unwahrscheinlich.
Eine erfolgversprechende Rechtsverfolgung könnte daher an diesem Zeitumstand scheitern.
Dies ändert aber nichts an den Ansprüchen gegenüber den aktuellen Störern.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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