Grunderwerbssteuer nach Rückabwicklung von Immobilienkauf

Online-Rechtsberatung
Stand: 12.12.2017
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Wir möchten einen Kaufvertrag über eine Eigentumswohnung rückabwickeln. Der geleisteten Anzahlungsraten sollen uns Zug um Zug gegen Löschung der Eigentumsvormerkung zurückerstattet werden.

Fällt dafür eine Steuer an?
Macht es einen Unterschied, ob die Rückabwicklung einvernehmlich oder aufgrund eines Mangels erfolgt?

Antwort des Anwalts

Sie haben sich an mich gewandt, weil Sie Fragen zur Grunderwerbssteuer nach Rückabwicklung eines Immobilienkaufes haben.
Die einschlägige Norm hierzu findet sich in § 16 GrEStG.

Mit der Verwirklichung der Erwerbstatbestände entsteht die Grunderwerbsteuer (zu den Ausnahmen siehe § 14 GrEStG), ohne dass spätere Änderungen Einfluss auf die Grunderwerbsteuer haben, sofern der Rechtsvorgang nicht mit Wirkung für die Vergangenheit beseitigt wird (z.B. durch Anfechtung, vgl. § 142 BGB). § 16 beseitigt – als materielle Korrekturvorschrift – Härten, die durch nachträglich eintretende Änderungen entstehen können. Daraus folgt, dass die Grunderwerbsteuer unter den Voraussetzungen des § 16 entweder nicht oder niedriger festgesetzt wird oder aber eine bereits erfolgte Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert wird. Hierbei spielt es keine Rolle, ob eine Steuerfestsetzung bereits Bestandskraft erlangt hat (siehe § 16 Abs. 4 GrEStG). Daher ist die Rückgängigmachung auch ggf. im Rechtsbehelfsverfahren gegen die ursprüngliche Steuerfestsetzung zu berücksichtigen.

Systematisch stellt § 16 GrEStG keinen Befreiungstatbestand dar. Vielmehr ist neben dem Erwerbsvorgang ein weiterer Lebenssachverhalt erforderlich, der die Rechtsfolgen des § 16 GrEStG auslöst. Dadurch erlischt aber nicht die entstandene (und ggf. festgesetzte) Steuer. Vielmehr entsteht ein Anspruch des Steuerpflichtigen auf Änderung des Steueranspruchs.
Verhältnis zu anderen Änderungsvorschriften

Neben § 16 GrEStG hat auch § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO besondere Bedeutung. Hierunter fällt z.B. die rückwirkend eintretende Unwirksamkeit durch Anfechtung (§ 142 Abs. 1 BGB), wenn nicht die speziellere Vorschrift des § 16 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG eingreift.
Ebenso verhält es sich bei der Versagung des Zuschlages an den Meistbietenden (§§ 86, 72 Abs. 3 ZVG).
Voraussetzung ist aber, dass die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis nicht eintreten lassen oder beseitigen, weil anderenfalls die Unwirksamkeit nach § 41 AO unbeachtlich bleibt. Anders als bei den Fällen des § 16 GrEStG ist aber die Änderung nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO nicht an einen Antrag gebunden, obwohl dieser (praktisch) zu empfehlen ist.

Auflösende Bedingungen wirken nicht in die Vergangenheit zurück (§ 159 BGB). Sie fallen weder unter § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO noch unter § 16 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG (siehe dort).

Auch die Berichtigungsvorschrift des § 5 Abs. 2 BewG kann Anwendung finden, wenn sich eine auflösende Bedingung nicht auf das gesamte Rechtsgeschäft, sondern nur auf die Gegenleistung bezieht. In diesen Fällen ist ebenfalls ein Antrag erforderlich.

Werden nachträglich zusätzliche Gegenleistungen gewährt, so sind diese gesondert durch einen weiteren Bescheid festzusetzen; die Berücksichtigung erfolgt nicht durch Änderung des ursprünglichen Grunderwerbsteuer-Bescheides.

Ferner gelten natürlich auch die allgemeinen Änderungsvorschriften der AO, wie z.B. §§ 164, 165, 172 ff. AO.

Der Anspruch aus § 16 ist an einen Antrag des Steuerpflichtigen gebunden. Es handelt sich hierbei um eine Verfahrensvoraussetzung, die eine Berücksichtigung von Amts wegen verbietet (§ 86 Nr. 2 AO).
Erlangt das Finanzamt jedoch Kenntnis von Umständen, die die Voraussetzungen des § 16 GrEStG erfüllen, so besteht bei nicht durch einen Steuerberater vertretenen Steuerpflichtigen gem. § 89 AO die Pflicht, einen derartigen Antrag anzuregen.

Der Antrag ist an keine bestimmte Form gebunden, so dass er schriftlich, mündlich oder auch durch konkludentes Verhalten gestellt werden kann.

Antragsgegner ist das nach § 17 GrEStG zuständige Finanzamt.

Die Antragsberechtigung richtet sich danach, ob bereits ein Steuerbescheid ergangen ist.
Ist dies nicht der Fall, so können alle Personen, die Steuerschuldner sind (§ 13 GrEStG), den Antrag stellen, der als absoluter Anspruch auch gegenüber allen anderen Steuerschuldnern wirkt. Hat sich der abstrakte Steueranspruch aber durch Steuerbescheid gegenüber einem oder mehreren Steuerschuldnern konkretisiert, so sind nur noch diese antragsberechtigt. Wird der Antrag dennoch von einem anderen gestellt, so ist das Finanzamt gehalten, den Antrag durch einen Antragsberechtigten anzuregen.

Anwendung des § 16 GrEStG bei besonderen Erwerbsvorgängen

Die Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 3 und Abs. 3a GrEStG teilen sich hinsichtlich ihrer Anwendbarkeit des § 16 GrEStG auf: Für § 1 Abs. 3 Nr. 2 und Nr. 4 GrEStG kommt nur § 16 Abs. 2 GrEStG in Betracht, während für § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 3 GrEStG daneben auch § 16 Abs. 1 GrEStG Anwendung finden kann. § 16 Abs. 3 GrEStG ist überhaupt nicht anwendbar, weil sich die Grunderwerbsteuer in diesen Fällen nach dem Grundstückswert bemisst (§ 8 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG). Ebenso streitig wie für die Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 2a GrEStG ist die Frage, ob in den Fällen des § 1 Abs. 3 Nr. 1 und 2 GrEStG die Rückgängigmachung sämtlicher Übertragungsakte erforderlich ist, oder ob nur die Wesentlichkeitsgrenze unterschritten werden muss (s. Rz. 17).8 Wie auch für Vorgänge nach § 1 Abs. 2a GrEStG muss das jeweilige Grundstück auch im Zeitpunkt des Rückerwerbs zum Vermögen der Gesellschaft gehören.

Die Vorschrift des § 16 Abs. 1 GrEStG regelt Fälle, in denen das Eigentum am Grundstück noch nicht auf den Erwerber übergegangen ist. Fälle, in denen das Eigentum durch einen weiteren Rechtsvorgang durch den Erwerber zurückübertragen wird, fallen nicht unter den Anwendungsbereich des Abs. 1.
Damit scheidet die Anwendung auf Erwerbsvorgänge nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 und Nr. 7, Abs. 2 und Abs. 3 Nr. 4 GrEStG aus.

  1. Rücktritt, Wiederkauf (Abs. 1 Nr. 1)
    a) Geregelte Fallvarianten

Diese Vorschrift unterscheidet drei Varianten der Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs.

Im Fall der einvernehmlichen Rückgängigmachung ist grds. ein Aufhebungsvertrag zwischen den Parteien notwendig. Dieser ist grds. formfrei möglich. Eine notarielle Beurkundung (§ 311b BGB) ist jedoch notwendig, wenn zugunsten des Auflassungsempfängers ein Anwartschaftsrecht derart besteht, dass zu seinen Gunsten eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen ist oder er den Antrag auf Eigentumsumschreibung selbst gestellt hat. Ebenso verhält es sich bei der formbedürftigen Abtretung (§ 81 Abs. 2 ZVG) der Rechte aus einem Meistgebot an den bisherigen Eigentümer und bei der Erklärung des Meistbietenden, er habe für den Eigentümer geboten (§ 81 Abs. 3 ZVG). Vereinigt sich der Verschaffungsanspruch durch Gesamtrechtsnachfolge mit der Übertragungsverpflichtung in einer Person (z.B. § 1922 BGB; § 1 Abs. 1 Nr. 1 UmwG) und geht er dadurch unter, so steht dies einer einvernehmlichen Aufhebung gleich.

Die zweite Alternative der Vorschrift des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG ist die Geltendmachung eines Rücktrittsrechts. Dieses muss sich aus dem Erwerbsvertrag ergeben. Insofern handelt es sich – im Gegensatz zum Aufhebungsvertrag – um ein einseitiges Rechtsgeschäft. Dieses wird durch (empfangsbedürftige) Willenserklärung ausgeübt (§§ 349 ff. BGB).

Hinsichtlich eines Wiederkaufsrechts (§§ 456 ff. BGB) gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend.

b) Weitere Voraussetzungen

Für die Anwendung des § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG ist erforderlich, dass die Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs innerhalb einer Frist von zwei Jahren erfolgt. Fristbeginn ist der Zeitpunkt der Steuerentstehung nach § 38 AO oder § 14 GrEStG (siehe zu § 14). Die Fristberechnung erfolgt nach allgemeinen Grundsätzen der § 108 AO, §§ 187–193 BGB. Bis zum Ablauf der Frist muss nicht nur die Rückgängigmachung nicht nur vereinbart werden, sondern auch tatsächlich durchgeführt – d.h. abgeschlossen – sein.

Die Rückgängigmachung des Erwerbsvorgangs muss auch tatsächlich durchgeführt werden, d.h. die Beteiligten müssen so gestellt werden, als ob der Erwerbsvorgang zwischen ihnen nicht stattgefunden hätte (vgl. § 346 BGB). Daran fehlt es, wenn er zwar rechtlich aufgehoben, aber wirtschaftlich durch weitere Vereinbarungen aufrecht erhalten wird.
Diese Forderung ergibt sich unmittelbar aus § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG; § 42 AO bedarf daher keiner Anwendung.

Zwischen den Beteiligten dürfen keine Bindungen von grunderwerbsteuerlicher Bedeutung bestehen bleiben.
Unbeachtlich ist, wenn eine der Parteien aus der Rückgängigmachung andere Vorteile erlangt. Diese können darin bestehen, dass der Verkäufer dem Käufer nicht den gesamten Kaufpreis zurückgewährt oder als Bedingung für den Rücktritt fordert, dass der Käufer einen Ersatzkäufer stellt. Ebenso wenig schadet, dass der Verkäufer dem Käufer für den Rücktritt eine Entschädigung gewährt. Allerdings muss der Veräußerer seine ursprüngliche Rechtsstellung wiedererlangen, also über das Grundstück frei verfügen können.
Dazu muss nicht nur die Übereignungspflicht aufgehoben werden, sondern dem Erwerber keine Einwirkungsmöglichkeiten vorbehalten bleiben.
Bleibt eine Vormerkung im Grundbuch zugunsten des Erwerbers eingetragen, so soll dies unschädlich sein, wenn sie lediglich als Druckmittel zur Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen gegen den Veräußerer dient oder bereits eine Löschungsbewilligung erteilt wurde.

Es fehlt an einer Rückgängigmachung, wenn der Käufer nur deshalb vom Vertrag zurücktritt, um das Grundstück einem ihm genehmen Dritten zu verschaffen, er also seine aus dem Vertrag gewonnene Position faktisch so verwertet wie jemand, dem die Verwertungsbefugnis am Grundstück übertragen ist. Solche Fälle liegen vor, wenn der vom Verkäufer ermächtigte Käufer in einer notariellen Urkunde die Aufhebung des Kaufvertrages erklärt und gleichzeitig das Grundstück namens des Verkäufers an einen von ihm ausgewählten Dritten verkauft, oder wenn die Aufhebung lediglich dazu dient, dass das Grundstück anschließend durch den Verkäufer an einen vom Käufer ausgewählten Dritten veräußert wird. Ebenso verhält es sich, wenn der Käufer durch die Aufhebung und den anschließenden Verkauf an einen Dritten wirtschaftliche Vorteile erhält, die über eine Vermittlungsprovision hinausgehen.

Derartige Fälle führen aber nicht zu einer (wirtschaftlichen) Betrachtungsweise, dass Verträge zwischen dem Verkäufer und dem Ersterwerber, sowie dem Erst- und dem Zweiterwerber angenommen werden. Sie haben allein Auswirkung auf das Eingreifen der Befreiungsvorschrift.

  1. Aufgrund Rechtsanspruchs (Abs. 1 Nr. 2)

Nach dieser Vorschrift tritt die Befreiung ein, wenn Vertragsbedingungen oder –bestimmungen nicht erfüllt werden und der Erwerbsvorgang deshalb rückgängig gemacht wird. Der Anspruch bedarf keines Konsenses der Parteien, sondern ist einseitig durchsetzbar. Es spielt keine Rolle, ob der Nichteintritt der Bedingung einem der Beteiligten zuzurechnen ist.

Als Rücktrittsansprüche kommen gesetzliche wie vertragliche in Betracht:

Gesetzliche Ansprüche ergeben sich insb. aus §§ 437 Nr. 2, 440, 323, 324, 326 Abs. 5 BGB (Unmöglichkeit nach Verzug und Fristablauf nach Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung).
Dies ist die von Ihnen angesprochene Sachmängelhaftung

Neben vertraglichen Bedingungen und Wiederkaufsrechten kann sich der Anspruch auch aus dem Rechtsinstitut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage ergeben (§§ 313 f. BGB).

Die Ausübung eines Vorkaufsrechts (§§ 463 ff., 1094 ff. BGB, §§ 24 ff. BauGB) führt grds. nicht dazu, dass der Kaufvertrag hinfällig wird, weil der Übereignungsanspruch (schuldrechtlich) bestehen bleibt. Zwar stehen dem Käufer die Rechte aus §§ 437 Nr. 2, 440 BGB zu; diese muss er aber auch ausüben. Es kann aber nach den Umständen davon ausgegangen werden, dass die Parteien die Ausübung des Vorkaufsrechts als auflösende Bedingung ihres Vertrages ansehen. Bestand zwischen den Parteien insofern Konsens vor Beurkundung des notariellen Vertrages, schadet die fehlende Beurkundung nach § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB nicht.

Der Rücktritt wird durch einseitige Willenserklärung ausgeübt (§ 349 BGB). Es spielt keine Rolle, ob die andere Vertragspartei den Rücktritt anerkennt, wenn er begründet war und das wirtschaftliche Ergebnis beseitigt ist. Wird der Rücktritt nur vergleichsweise oder auf sonstige Weise vertraglich eingeräumt, reicht dies nicht für § 16 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG aus. Vielmehr sind diese Fälle nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG zu beurteilen.

Die Entstehung des Anspruchs ist nicht an eine Frist gebunden; allerdings muss auch hier eine tatsächliche Rückgängigmachung erfolgen.
II. Rückübertragung (Abs. 2)

  1. Geregelte Fallvarianten

Diese Vorschrift umfasst die Fälle, in denen das Eigentum bereits übergegangen ist. Hierzu ist zumeist die Rückauflassung erforderlich. In den Fällen des § 1 Abs. 1 Nr. 5 und Nr. 7 sowie Abs. 3 Nr. 3 und Nr. 4 GrEStG ist die Rückübertragung der Rechte bzw. Anteile erforderlich.

In den Fällen des § 16 Abs. 2 GrEStG liegen damit zwei steuerbare Erwerbsvorgänge vor. Für die Anwendung des § 16 Abs. 2 GrEStG spielt es aber keine Rolle, ob diese Erwerbsvorgänge auch ganz oder teilweise steuerpflichtig waren.

  1. Notwendige Personenidentität

Voraussetzung für die Anwendung ist außerdem, dass sich die Rückübertragung zwischen den gleichen Personen des ersten Erwerbsvorgangs abspielt.

Hiervon kann in Fällen der Gesamtrechtsnachfolge (oder Vergleichbarem) abgesehen werden. Ein solcher Fall liegt vor, wenn ein oder mehrere Erben an die Stelle des verstorbenen Veräußerers oder Erwerbers treten oder ein Rechtsträger durch Umwandlung nach dem UmwG untergegangen ist.

Eine Ausnahme von der Personenidentität führt dann nicht zur Versagung des § 16 Abs. 2 GrEStG, wenn das Grundstück direkt an einen Dritten aufgelassen wird. Hierzu muss aber der Ersterwerber das Grundstück im Auftrag des Veräußerers an den Dritten auflassen oder ein Dritterwerber, dessen Erwerb nach § 883 Abs. 2 BGB relativ unwirksam war, das Grundstück direkt an den Veräußerer zurückübertragen. Diesen Fällen ist nämlich gemeinsam, dass lediglich ein verkürzter Weg der Rückübertragung gewählt wird. Ebenso verhält es sich, wenn ein Dritterwerber wegen neuer Vereinbarungen zwischen Veräußerer, Erst- und Dritterwerber das Grundstück unmittelbar an den Veräußerer zurückauflässt.

  1. Weitere Voraussetzungen

Hat der Ersterwerber selbst – im Einvernehmen mit dem Veräußerer – das Grundstück an den Dritten verkauft, findet § 16 Abs. 2 GrEStG keine Anwendung.

Erforderlich ist, wie auch bei Abs. 1, dass das Grundstück tatsächlich zurückübertragen wird (s. Rz. 28 ff.). Scheitert dies aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen, so ist § 16 Abs. 2 GrEStG nicht anwendbar.

Wird nicht das gesamte Grundstück, sondern nur ein Teil zurückübertragen, so findet § 16 Abs. 2 GrEStG auch nur auf diesen Teil Anwendung. Durch den restlichen Teil des Grundstücks wird der Anspruch aus § 16 Abs. 2 GrEStG nicht vollständig ausgeschlossen.

Ebenso ist nicht Voraussetzung, dass das Grundstück tatsächlich unverändert bleibt, weil § 16 Abs. 2 GrEStG nur auf die rechtliche Identität abstellt. Deshalb spielt es keine Rolle, ob eine Entschädigung für werterhöhende oder -mindernde Veränderungen erfolgt. Diese können sich z.B. durch Abholzen eines Waldes, Abriss oder Neubau eines Gebäudes ergeben. Wenn aber Gegenstand der Rückübertragung ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden ist (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG), so muss dies im Zeitpunkt des Erwerbs bereits hergestellt worden sein.

Die Nichtfestsetzung, Aufhebung oder Änderung der Grunderwerbsteuer beschränkt sich nicht nur auf den Rückerwerb, sondern auch auf den vorangegangenen Erwerbsvorgang.

a) Zwei-Jahres-Frist (Abs. 2 Nr. 1)

Die Rückübertragung muss innerhalb einer Frist von zwei Jahren erfolgen. Im Gegensatz zu § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG stellt Abs. 2 Nr. 1 aber nicht auf den Rechtsgrund der Rückübertragung ab, so dass auch der schlichte Rückkauf erfasst wird. Ebenso verhält es sich mit dem Rückerwerb eines Erbbaurechts durch den Erbbaurechtsbesteller oder eines Grundstücks im Wege der Zwangsversteigerung durch den ursprünglichen Eigentümer. Auch ist § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG erfüllt, wenn das Eigentum durch Umwandlung oder durch Erbfolge auf den Veräußerer zurückfällt.

Zur Frist gelten die Ausführungen zu § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG entsprechend. Innerhalb der Frist muss die Auflassung erklärt und die Eintragung im Grundbuch beantragt worden sein. Auf den Zeitpunkt der Eintragung kommt es dann nicht mehr an; dies ist auch sinnvoll, da sich die Eintragung durch Umstände verzögern kann, auf die der Steuerpflichtigen keinen Einfluss haben. Der gestellte Antrag muss aber zum Erfolg führen, d.h. die Rücknahme oder Zurückweisung ist insofern schädlich. Bei der Rückübertragung eines Erbbaurechts muss der Antrag auf Löschung innerhalb der Frist gestellt werden.

b) Nichtigkeit des Verpflichtungsgeschäfts (Abs. 2 Nr. 2)

Ist ein Rechtsvorgang zivilrechtlich nichtig, so gilt dies auch für die Grunderwerbsteuer. Daher sind diese Fälle auch nicht in § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG erwähnt.
Auf Grund des zivilrechtlichen Abstraktionsprinzips folgt aber aus der Nichtigkeit des schuldrechtlichen Rechtsgeschäfts nicht zwingend auch die Nichtigkeit des Erfüllungsgeschäfts, so dass letzteres durchaus Wirksamkeit entfalten kann. In diesen Fällen – wie auch in denen einer Anfechtung des Verpflichtungsgeschäfts nach §§ 119 ff. BGB – besteht nur ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung (§§ 812 ff. BGB), zu dessen Erfüllung regelmäßig ein erneuter Erwerbsvorgang notwendig wird. Diese Rückübertragung wird dann – wie auch der erste Erwerbsvorgang – durch § 16 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG von der Besteuerung freigestellt.

Die Anfechtung von Rechtshandlungen durch den Insolvenzverwalter (§§ 129 ff. InsO) hat nur die relative Unwirksamkeit gegenüber den Gläubigern zur Folge. Führt die Anfechtung aber zur Rückgewähr des Grundstücks zur Insolvenzmasse, ist § 16 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG analog anwendbar.

Als Berichtigungsvorschrift käme in diesen Fällen auch § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO in Betracht, der aber von der spezialgesetzlichen Regelung des § 16 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG grds. verdrängt wird. Daraus folgt, dass sich die Festsetzungsfrist nicht nach § 175 Abs. 1 Satz 2 AO, sondern nach § 16 Abs. 4 GrEStG bemisst.

c) Rückgängigmachung aufgrund Rechtsanspruchs (Abs. 2 Nr. 3)

Diese Vorschrift korrespondiert mit Abs. 1 Nr. 2. Zu den dort aufgeführten Gründen können ferner treten: § 527 BGB (Nichtvollziehung einer Auflage durch den Beschenkten), § 528 BGB (Verarmung des Schenkers), § 530 BGB (Widerruf der Schenkung wegen groben Undanks).

Rückgängigmachung auf Grund eines Rechtsanspruchs liegt nach Ansicht des BFH auch vor, wenn der Käufer wegen Sachmängelhaftung von der Minderung zur Wandlung übergeht.
Das trifft nun Ihre Fallvariante.

Unter § 16 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG fällt auch die Rückgängigmachung wegen Widerrufs des Investitionsvorrangbescheides (vgl. § 8 Abs. 2 Satz 1 Buchst. b, Abs. 3 InVorG), oder das Fehlen der Genehmigung nach §§ 2, 7 Abs. 2 Satz 1 Grundstücksverkehrsordnung.

Nicht unter § 16 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG fällt der Eintritt einer auflösenden Bedingung, weil das Rechtsgeschäft von Anfang an wirksam, also nicht vom Eintritt bestimmter Bedingungen abhängig war. Dieser Fall kann aber unter § 16 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG fallen.
III. Herabsetzung der Gegenleistung (Abs. 3)

Diese Vorschrift stellt im Aufbau das Pendant zu Abs. 1 dar. Die Herabsetzung der Gegenleistung muss sich auf die Leistungen beziehen, die gem. § 9 GrEStG als Gegenleistung im grunderwerbsteuerlichen Sinn gelten.

  1. Zwei-Jahres-Frist (Abs. 3 Nr. 1)

Der Tatbestand zielt auf einvernehmliche Herabsetzungen des Kaufpreises ab. Dies kann durch Erlass geschehen, aber auch dadurch, dass der Erwerber bei gemischten Kauf- und Werkverträgen (s. § 8 GrEStG Rz. 5 ff.) vereinbarte Leistungen erbringt und die Gegenleistung dadurch mindert.

Die Herabsetzung muss innerhalb einer Frist von zwei Jahren stattfinden.

  1. Aufgrund Minderung (Abs. 3 Nr. 2)

Diese Vorschrift erfasst – unabhängig von einer Frist – Herabsetzungen der Gegenleistung aufgrund eines Rechtsanspruchs nach den §§ 437 Nr. 2, 441 BGB

Die Minderung ist zivilrechtlich vollzogen, wenn sich der Verkäufer einverstanden erklärt oder zur Minderung verurteilt ist. Dies allein reicht für die Anwendung dieser Vorschrift nicht aus. Vielmehr ist erforderlich, dass die aus der Minderung resultierenden Rechtsfolgen auch tatsächlich gezogen werden. D.h. der Käufer darf den Kaufpreis nur in geminderter Höhe zahlen, oder muss zumindest alle rechtlichen Wege beschreiten, um den überzahlten Betrag zurückzuerlangen.

Die Bezeichnung der Parteien für die Minderung ist unerheblich. Es kommt nur darauf an, dass die gesetzlichen Voraussetzungen der §§ 437 Nr. 2, 441 BGB vorliegen, so dass u.U. auch eine von den Parteien als z.B. Vertragsstrafe bezeichnete Minderung erfasst wird.

Erstreckt sich die Minderung auch auf andere übertragene Gegenstände (z.B. bei einer Betriebsveräußerung im ganzen), so ist sie anteilig zu ermitteln.

Minderung wegen des Mangels scheint bei Ihnen aber nicht in Betracht zu kommen.

IV. Festsetzungsfrist (Abs. 4)

Die Regelungen über die Festsetzungsfrist (§§ 169–171 AO) werden durch die besondere Ablaufhemmung des § 16 Abs. 4 GrEStG modifiziert.
§ 16 Abs. 4 GrEStG bestimmt, dass die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf eines Jahres nach Eintritt des Ereignisses nach § 16 Abs. 1–3 GrEStG endet (zur Fristberechnung: § 108 Abs. 1 AO, §§ 187 ff. BGB). Daraus folgt, dass der nach § 16 Abs. 1–3 GrEStG erforderliche Antrag binnen dieses Jahres gestellt werden muss. Denn gem. § 171 Abs. 3 AO endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor über diesen Antrag unanfechtbar entschieden wurde. Auch in Fällen, in denen das Ereignis nach § 16 Abs. 1–3 GrEStG erst nach Ablauf der (normalen) Festsetzungsfrist eintritt, bewirkt § 16 Abs. 4 GrEStG das Wiederaufleben der bereits abgelaufenen Festsetzungsfrist.

Wird die Grunderwerbsteuer nach § 16 GrEStG nicht festgesetzt, so handelt es sich um einen Freistellungsbescheid i.S.v. § 155 Abs. 1 Satz 3 AO, der ein Steuerbescheid ist. Für seine Änderung gelten die §§ 172 ff. AO.
Wird ein Antrag nach § 16 GrEStG abgelehnt oder die Steuer ohne Berücksichtigung des § 16 GrEStG festgesetzt, so ist gegen den Bescheid der Einspruch gegeben (§ 347 Abs. 1 Nr. 1 AO). Ist der Steuerbescheid für den ersten Erwerbsvorgang noch nicht unanfechtbar, so kann die abweichende Steuerfestsetzung nach § 16 GrEStG auch noch im Rechtsbehelfsverfahren der ersten Steuerfestsetzung (einschließlich Klage [§ 67 FGO], aber ohne Revision [§ 123 Satz 1 FGO]) geltend gemacht werden. Hierzu müssen aber auch die weiteren Prozessvoraussetzungen für eine Klageänderung vorliegen.

Ausschluss bei nicht ordnungsgemäßer Anzeige (Abs. 5)

Diese Vorschrift schließt den Anspruch aus § 16 GrEStG aus, wenn ein Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 2, 2a, 3 oder 3a GrEStG nicht ordnungsgemäß angezeigt wurde. Die Anzeigepflichten ergeben sich aus §§ 18 und 19 GrEStG. Für die Verletzung einer Anzeigepflicht ist Voraussetzung, dass eine solche überhaupt bestand. Verletzt ein Notar seine Anzeigepflicht – ohne dass eine eigene davon unabhängige Anzeigepflicht der Beteiligten bestand –, so kann daraus ein Schadensersatzanspruch der Beteiligten entstehen.

Wird ein beurkundeter, später aber nicht genehmigter Kaufvertrag zwar angezeigt, nicht aber weitere Nebenabreden, die einen Erwerb nach § 1 Abs. 2 GrEStG begründen, so findet m.E. § 16 Abs. 5 GrEStG Anwendung.

Hieraus folgt nun, dass, wenn die oben dargestellten Tatbestandsvoraussetzungen in Ihrem Falle vorliegen, die Steuer nach§ 16 GrEStG nicht festgesetzt wird oder die Festsetzung aufgehoben wird.

Dies betrifft sowohl den Rückkauf als auch die Rückabwicklung nach Rücktritt wegen Sachmängeln.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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