Allergie gegen Zahnersatz: Muss Krankenkasse Ersatz leisten?

Online-Rechtsberatung
Stand: 09.05.2014
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Ich habe letztes Jahr Zahnersatz bekommen (Brücke). Trotz mehrfacher Nachbesserung hatte ich Beschwerden. Daraufhin bin ich zu einem Dermatologen wo eine Allergie festgestellt wurde. Meine Zahnärztin meinte, da eine Allergie vorliegt, muss die Kasse ja für neuen Ersatz zahlen. Neuer Heil- und Kostenplan wurde zur Krankenkasse gesendet und nicht genehmigt. "Der Nachweis einer Allergie löst keinen erneuten gesetzlichen Festzuschuss für die geplante Zahnersatzversorgung aus. Die von Ihnen beantragte Versorgung wurde bereits ... durchgeführt. Ihr Zahnarzt übernimmt für die Versorgung mit Zahnersatz eine zweijährige Gewähr. Identische Versorgungen sowie Erneuerung und Wiederherstellung von Zahnersatz, einschl. Zahnkronen, sind in diesem Zeitraum vom Zahnarzt kostenfrei vorzunehmen."
Meine Frage:
Soll ich dagegen Widerspruch einlegen? Wenn ja: Gibt es ein Gesetz, eine Begründung, die ich beifügen kann?
Ich glaube nicht das meine Zahnärztin die Kosten übernehmen will. Bisher gab es nur Gespräche mit ihr. Sollte ich sie schriftlich kontaktieren?

Antwort des Anwalts

Da derzeit noch nicht absehbar ist, ob die Krankenkasse im Ergebnis die zusätzlichen Kosten übernehmen muss, sollten Sie sollten schon zur Fristwahrung dagegen entsprechend der normalerweise am Ende enthaltenen Rechtsbehelfsbelehrung form- und fristgerecht Widerspruch einlegen.

Wenn ja: Gibt es ein Gesetz, eine Begründung, die ich beifügen kann?

Antwort Rechtsanwalt:

Das Thema Zahnersatz bei Allergien war bereits Gegenstand einer kleinen Anfrage im Bundestag (BT), vgl. BT-Drucksachen (BT-Drucks) 16/13339 und 16/13335 1).
Der Versicherte erhält danach den Festzuschuss, egal, wie teuer sein Zahnersatz tatsächlich ist. Die Kosten, die über den Festzuschuss hinausgehen, muss der Versicherte in der Regel selbst bezahlen (§ 55 Absatz 4 SGB V
2).
Ein entsprechender Widerspruchsbescheid der Kasse wurde so vom Sozialgericht Gelsenkirchen (Az.: S 28 KN 64/08 KR) bestätigt.

Wenn es Regeln gibt, dann gibt es auch Ausnahmen von der Regel. Sie müssten also wohl im Ergebnis im Rahmen des Widerspruchsverfahrens darlegen bzw. glaubhaft machen, daß § 55 Abs. 4 SGB V in Ihrem Fall nicht einschlägig ist, also eine Ausnahme vorliegt.

Tipp: Die Begründung eines Widerspruchs muß möglichst genau an der Begründung der belastenden, Ihren Antrag ablehnenden Entscheidung (Nichtgenehmigung des zweiten Kostenplans) selbst entlang gehen. Der Aufbau des Ablehnungsbescheids ist normaler Weise so, dass der Antrag abgelehnt wird. Danach werden die einschlägigen Gesetze genannt, und danach folgt die Begründung.

Entsprechend muss Ihre Begründung auf den Ablehnungsbescheid detailliert eingehen und die Tatsachen darlegen, aus denen sich ergibt, warum ein Anspruch auf Genehmigung des zweiten Heil- und Kostenplans doch noch besteht.

Hier sollten Sie insbesondere begründen, weshalb Ihrer Ansicht nach Ihr Zahnarzt übernimmt für die Versorgung mit Zahnersatz keine zweijährige Gewähr übernimmt, und weshalb identische Versorgungen sowie Erneuerung und Wiederherstellung von Zahnersatz, einschl. Zahnkronen, sind in diesem Zeitraum vom Zahnarzt nicht kostenlos vorgenommen werden. Die Vorlage eines entsprechenden Schriftverkehrs mit Ihrer Zahnärztin, dieses Thema betreffend, halte ich in diesem Zusammenhang unumgänglich notwendig.

Ich glaube nicht dass meine Zahnärztin die Kosten übernehmen will. Bisher gab es nur Gespräche mit ihr. Sollte ich sie schriftlich kontaktieren?

Antwort Rechtsanwalt:

Glauben heißt nicht wissen. Sie sollten Sich hier unbedingt erst einmal vergewissern. Möglicher Weise übernimmt ja doch die Zahnärztin oder die Haftpflichtversicherung der Zahnärztin den Fall. Zumindest wird ein Schriftverkehr für Ihren Fall sehr aufschlussreich sein.

Übersenden Sie dazu das Schreiben der Krankenversicherung an Ihre Zahnärztin, per Einschreiben oder gegen Empfangsbestätigung oder Eingangsstempel, und bitten Sie um möglichst rasche, schriftliche Stellungnahme. Bitten Sie besonders darum, auf die Behauptungen der Krankenversicherung einzugehen, dass es sich hier um identische Versorgungen handele sowie Erneuerung und Wiederherstellung von Zahnersatz, einschließlich Zahnkronen, die angeblich in diesem Zeitraum vom Zahnarzt kostenfrei vorzunehmen sind.

Die Zahnärztin wird Ihnen vermutlich, schon zur eigenen Rechtfertigung, in diesem Zusammenhang die notwendigen Argumente für die Begründung des Widerspruchs am besten liefern können.

Diese Antwort reichen Sie ferner an die Krankenversicherung im Rahmen des Widerspruchsverfahrens ein. Eventuell wird dann noch ein Gutachter hinzu gezogen werden müssen, um die Sachlage genau zu beurteilen.

Denkbar wäre auch noch die Einleitung eines Schlichtungsverfahrens bei der örtlichen zahnärztlichen Gutachterkommission. Das sollte aber vorab mit der Zahnärztin abgestimmt werden, um diese nicht unnötig zu verstimmen.

*) Unter meiner Antwort befinden sich:

Fußnoten, Zitate von einschlägigen Gesetzestexten, Urteilen, weiterführende Literatur, Links im Internet etc.

*1) Fundstellen Anfrage BT:

http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/133/1613339.pdf
Antwort BT Drucks:
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/135/1613565.pdf

*2) § 55 SGB V Leistungsanspruch

(1) Versicherte haben nach den Vorgaben in den Sätzen 2 bis 7 Anspruch auf befundbezogene Festzuschüsse bei einer medizinisch notwendigen Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen (zahnärztliche und zahntechnische Leistungen) in den Fällen, in denen eine zahnprothetische Versorgung notwendig ist und die geplante Versorgung einer Methode entspricht, die gemäß § 135 Abs. 1 anerkannt ist. Die Festzuschüsse umfassen 50 vom Hundert der nach § 57 Abs. 1 Satz 6 und Abs. 2 Satz 6 und 7 festgesetzten Beträge für die jeweilige Regelversorgung. Für eigene Bemühungen zur Gesunderhaltung der Zähne erhöhen sich die Festzuschüsse nach Satz 2 um 20 vom Hundert. Die Erhöhung entfällt, wenn der Gebisszustand des Versicherten regelmäßige Zahnpflege nicht erkennen lässt und der Versicherte während der letzten fünf Jahre vor Beginn der Behandlung

  1. die Untersuchungen nach § 22 Abs. 1 nicht in jedem Kalenderhalbjahr in Anspruch genommen hat und

  2. sich nach Vollendung des 18. Lebensjahres nicht wenigstens einmal in jedem Kalenderjahr hat zahnärztlich untersuchen lassen.
    Die Festzuschüsse nach Satz 2 erhöhen sich um weitere 10 vom Hundert, wenn der Versicherte seine Zähne regelmäßig gepflegt und in den letzten zehn Kalenderjahren vor Beginn der Behandlung die Untersuchungen nach Satz 4 Nr. 1 und 2 ohne Unterbrechung in Anspruch genommen hat. Dies gilt nicht in den Fällen des Absatzes 2. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1978 geboren sind, gilt der Nachweis für eigene Bemühungen zur Gesunderhaltung der Zähne für die Jahre 1997 und 1998 als erbracht.
    (2) Versicherte haben bei der Versorgung mit Zahnersatz zusätzlich zu den Festzuschüssen nach Absatz 1 Satz 2 Anspruch auf einen Betrag in jeweils gleicher Höhe, angepasst an die Höhe der für die Regelversorgungsleistungen tatsächlich anfallenden Kosten, höchstens jedoch in Höhe der tatsächlich entstandenen Kosten, wenn sie ansonsten unzumutbar belastet würden; wählen Versicherte, die unzumutbar belastet würden, nach Absatz 4 oder 5 einen über die Regelversorgung hinausgehenden gleich- oder andersartigen Zahnersatz, leisten die Krankenkassen nur den doppelten Festzuschuss. Eine unzumutbare Belastung liegt vor, wenn

  3. die monatlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt des Versicherten 40 vom Hundert der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches nicht überschreiten,

  4. der Versicherte Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Zwölften Buch oder im Rahmen der Kriegsopferfürsorge nach dem Bundesversorgungsgesetz, Leistungen nach dem Recht der bedarfsorientierten Grundsicherung, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch, Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz oder dem Dritten Buch erhält oder

  5. die Kosten der Unterbringung in einem Heim oder einer ähnlichen Einrichtung von einem Träger der Sozialhilfe oder der Kriegsopferfürsorge getragen werden.
    Als Einnahmen zum Lebensunterhalt der Versicherten gelten auch die Einnahmen anderer in dem gemeinsamen Haushalt lebender Angehöriger und Angehöriger des Lebenspartners. Zu den Einnahmen zum Lebensunterhalt gehören nicht Grundrenten, die Beschädigte nach dem Bundesversorgungsgesetz oder nach anderen Gesetzen in entsprechender Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes erhalten, sowie Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schäden an Körper und Gesundheit gezahlt werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz. Der in Satz 2 Nr. 1 genannte Vomhundertsatz erhöht sich für den ersten in dem gemeinsamen Haushalt lebenden Angehörigen des Versicherten um 15 vom Hundert und für jeden weiteren in dem gemeinsamen Haushalt lebenden Angehörigen des Versicherten und des Lebenspartners um 10 vom Hundert der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches.
    (3) Versicherte haben bei der Versorgung mit Zahnersatz zusätzlich zu den Festzuschüssen nach Absatz 1 Satz 2 Anspruch auf einen weiteren Betrag. Die Krankenkasse erstattet den Versicherten den Betrag, um den die Festzuschüsse nach Absatz 1 Satz 2 das Dreifache der Differenz zwischen den monatlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt und der zur Gewährung eines zweifachen Festzuschusses nach Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 maßgebenden Einnahmegrenze übersteigen. Die Beteiligung an den Kosten umfasst höchstens einen Betrag in Höhe der zweifachen Festzuschüsse nach Absatz 1 Satz 2, jedoch nicht mehr als die tatsächlich entstandenen Kosten.
    (4) Wählen Versicherte einen über die Regelversorgung gemäß § 56 Abs. 2 hinausgehenden gleichartigen Zahnersatz, haben sie die Mehrkosten gegenüber den in § 56 Abs. 2 Satz 10 aufgelisteten Leistungen selbst zu tragen.
    (5) Die Krankenkassen haben die bewilligten Festzuschüsse nach Absatz 1 Satz 2 bis 7, den Absätzen 2 und 3 in den Fällen zu erstatten, in denen eine von der Regelversorgung nach § 56 Abs. 2 abweichende, andersartige Versorgung durchgeführt wird.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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