Arbeitgeber fordert Nacharbeit bei Krankheit: Ist das rechtens?

Online-Rechtsberatung
Stand: 27.02.2014
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Meine Frau ist seit 2007 in Altersteilzeit bis 2016.
Also 54 M Arb. und 54 M Freistellung.
Durch Krankheit wurden nur 46 M gearbeitet.
Der Arbeitgeber besteht auf Nacharbeit. (So steht es im Gesetz und TV)
Nun meine Frage:
Sind alle weiteren Ergänzungen "kann" Regelungen?
In anderen TV findet man die Regelung das der Arbeitnehmer ab erreichen
des des Monats indem die Wertrückstellung bis zum Rentenbeginn ausreicht in die Freistellungsphase wechselt. Unabhängig davon ob man krank ist oder nicht. Das wäre bei meiner Frau der 07.2012 gewesen.
Bei Ihrem Arbeitgeber ist es so. Erst gesund werden, dann nacharbeiten......
D.h. zu denn vorhandenen 46 M. kommen noch 4 M Nacharbeit hinzu, sodass sie am Ende über einen Anspruch auf 50 M. Freistellung hätte.
Wird das Ganze dann zurückgerechnet? in Ihrem Fall ist es der 02.2012
oder heißt es Pech gehabt. Es liegt nicht in der Verantwortung des Arbeitgebers ob der Arbeitnehmer krank wird oder nicht.
Also erst Nacharbeit und dann Freistellung?
Wie wird mit dem Überschuss umgegangen?
Im Rahmen einer Störfallregelung abgerechnet?

Antwort des Anwalts

Frage: Sind alle weiteren Ergänzungen "kann" Regelungen?

Antwort Rechtsanwalt:

Wenn Sie es so ausdrücken möchten, sind alle weiteren Ergänzungen kann-Regelungen.

Ihre Ehefrau hat eine Altersteilzeit-Vereinbarung, bzw. ein sogenanntes Blockmodell vereinbart.

Dabei arbeitet der Arbeitnehmer zunächst eine Zeit lang voll weiter, also am Block, ihr wird jedoch nur ein aufgestockter Teilzeitlohn gezahlt. Somit wird dabei ein Zeit- bzw. Wertguthaben angespart. In der anschließenden Freistellungsphase muss er/sie nicht mehr arbeiten und der/die Arbeitnehmer/in erhält nach und nach das angesparte Guthaben allmählich wieder ausgezahlt.

Wenn sich nun der Arbeitnehmer in der Arbeitsphase länger als sechs Wochen lang krank meldet, dann baut sich dieses Zeit- bzw. Wertguthaben nicht auf.

Die Rechtsprechung hat dazu entschieden, daß diese Praxis den Arbeitnehmer nicht unangemessen benachteiligt, vgl. dazu das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 2.06.200, Aktenzeichen 7 Ca 515/09. Die Berufung gegen das Urteil wurde vom LAG Düsseldorf zurückgewiesen, Aktenzeichen 14 Sa 811/09 Urteil vom 02.11.2009 *2) mit ausführlicher Begründung.

Letztendlich entscheidend ist dabei der Grundsatz, daß ohne Arbeit kein Lohn gezahlt wird. Dabei wird von der Rechtsprechung auch der Aspekt thematisiert, daß in der Zeit voll arbeitende Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt (diskriminiert) würden gegenüber den Dauer-Krankmeldern.

§ 3 Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFzG) *3) sieht lediglich eine Entgeltfortzahlungspflicht des Arbeitgebers für einen Zeitraum von 6 Wochen vor.

Soweit diese Grenzen eingehalten werden, würden derartige Klauseln auch nicht der Inhaltskontrolle durch die Gerichte nach § 305 ff. BGB unterliegen.

In dem Blockmodell und ähnlichen Regelungen sehen die Arbeitsgerichte keine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 BGB.

Unangemessen wäre eine Bestimmung im Zweifel, wenn sie mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist.

Die Ansparung des späteren Arbeitsguthabens steht im Gegenseitigkeitsverhältnis zur Arbeitsleistung. Wenn keine Arbeit geleistet wird, wird auch nichts angespart. Dagegen kann nicht viel eingewendet werden.

Frage: Bei Ihrem Arbeitgeger ist es so. Erst gesund werden, dann nacharbeiten...... D.h. zu denn vorhandenen 46 M. kommen noch 4 M Nacharbeit hinzu, sodas sie am Ende über einen Anspruch auf 50 M. Freistellung hätte. Wird das Ganze dann zurückgerechnet? in Ihrem Fall ist es der 02.2012 oder heißt es Pech gehabt. Es liegt nicht in der Verantwortung des Arbeitgebers ob der Arbeitnehmer krank wird oder nicht.

Antwort Rechtsanwalt: Nein. Auch wenn es im Ergebnis auf dasselbe herauskommen mag: es wird nicht zurück gerechnet, sondern der Zeitpunkt des Beginns der eigentlich beabsichtigten Freistellung wegen bereits geleisteter Arbeit wird lediglich insoweit in die Zukunft verschoben, als nicht gearbeitet worden ist. Hier besteht kein Arbeitsguthaben als Grundlage einer Freistellung, und es kann folglich auch nichts abgebaut werden.

Es gibt auch keinen Grundsatz, wonach der Arbeitgeber immer die Folgen von (unverschuldeten) Krankheiten des Arbeitnehmers tragen muss. § 3 EntgFzG regelt vielmehr ausdrücklich, daß der Arbeitgeber im Krankheitfall nur die ersten 6 Wochen Lohn weiter zahlen muss. Darüber hinaus weist das Gesetz dem Arbeitgeber gerade keine weitere Verantwortung für krankheitsbedinngte Ausfälle zu.

Frage: Also erst Nacharbeit und dann Freistellung?

Antwort Rechtsanwalt: So ist es. Genau genommen ist es nicht nacharbeiten, weil überhaupt nicht gearbeitet worden ist, sondern erst einmal arbeiten, und dann kann Freistellen für diese im Voraus geleistete Arbeit erfolgen. Die Freistellung kann aber erst dann und nur insoweit erfolgen, wenn Arbeit überhaupt im Voraus geleistet worden ist. Das ist im Krankheitsfall gerade nicht der Fall.

Frage: Wie wird mit dem Überschuss umgegangen?

Antwort Rechtsanwalt: Ein Überschuss ist ja gerade nicht entstanden. Das Blockmodell sieht ja nur eine Gutschrift vor für im Voraus geleistete Arbeit. Wenn und insoweit nicht im Voraus gearbeitet wird, verbleibt gerade kein Überschuss.

Frage: Im Rahmen einer Störfallregelung abgerechnet?

Freistellung infolge gutzuschreibender Arbeit ist nur möglich, insoweit auch tatsächlich gearbeitet worden ist. Wenn die Nichtarbeit infolge eines Störfalls erfolgt, und nicht wegen Krankheit des Arbeitnehmers, dann müsste das vermutlich der Verantwortungssphäre des Arbeitgebers zugeschrieben werden. Dieser Fall wäre meiner Ansicht nach vermutlich anders zu beurteilen.

*) Unter meiner Antwort befinden sich:

Fußnoten, Zitate von einschlägigen Gesetzestexten, Urteilen, weiterführende Literatur, Links im Internet etc.

1) http://www.justiz.nrw.de/
2) http://www.ra-kotz.de/

*3) § 3 EntgFzG
Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall

(1) Wird ein Arbeitnehmer durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert, ohne daß ihn ein Verschulden trifft, so hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen. Wird der Arbeitnehmer infolge derselben Krankheit erneut arbeitsunfähig, so verliert er wegen der erneuten Arbeitsunfähigkeit den Anspruch nach Satz 1 für einen weiteren Zeitraum von höchstens sechs Wochen nicht, wenn

  1. er vor der erneuten Arbeitsunfähigkeit mindestens sechs Monate nicht infolge derselben Krankheit arbeitsunfähig war oder
  2. seit Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit infolge derselben Krankheit eine Frist von zwölf Monaten abgelaufen ist.
    (2) Als unverschuldete Arbeitsunfähigkeit im Sinne des Absatzes 1 gilt auch eine Arbeitsverhinderung, die infolge einer nicht rechtswidrigen Sterilisation oder eines nicht rechtswidrigen Abbruchs der Schwangerschaft eintritt. Dasselbe gilt für einen Abbruch der Schwangerschaft, wenn die Schwangerschaft innerhalb von zwölf Wochen nach der Empfängnis durch einen Arzt abgebrochen wird, die schwangere Frau den Abbruch verlangt und dem Arzt durch eine Bescheinigung nachgewiesen hat, daß sie sich mindestens drei Tage vor dem Eingriff von einer anerkannten Beratungsstelle hat beraten lassen.

(3) Der Anspruch nach Absatz 1 entsteht nach vierwöchiger ununterbrochener Dauer des Arbeitsverhältnisses.

*4) Tarifvertragliche Regelungen

§ 8 Abs. 2 des Tarifvertrages zur Regelung der Altersteilzeitarbeit im öffentlichen Dienst vom 5.5.1998 (TV ATZ)

§ 8 Abs. 2 des Tarifvertrages zur Regelung der Altersteilzeitarbeit für Ärztinnen und Ärzte vom 8.4.2008 (TV ATZ Ärzte/VKA) Arbeitnehmer, der die Altersteilzeit im Blockmodell ableistet und der während der Arbeitsphase über den Zeitraum der Entgeltfortzahlung hinaus arbeitsunfähig erkrankt, um die Hälfte des den Entgeltfortzahlungszeitraum übersteigenden Zeitraums der Arbeitsunfähigkeit nacharbeitet.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

Rechtsberatung am Telefon

Telefonieren Sie sofort mit einem Anwalt oder einer Anwältin und stellen Sie Ihre individuelle Frage.

*1,99€/Min inkl. USt. aus dem Festnetz. Höhere Kosten aus dem Mobilfunk.

Telefonanwalt werden

Werden Sie selbstständiger Kooperationsanwalt der Deutschen Anwaltshotline AG:

  • Krisensicherer Umsatz
  • Rechtsberatung per Telefon
  • Homeoffice