Hafte ich für Ratschläge in Online-Foren?

Online-Rechtsberatung
Stand: 21.01.2014
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Hiermit möchte ich Sie gern fragen, ob ich mich einem Haftungsrisiko aussetze, wenn ich in Internetforen nach bestem Wissen und Gewissen Ratschläge und Empfehlungen erteile, die ich zuweilen auch in einer fachlichen und sachlichen Sprache formuliere. Nach meiner Kenntnis resultiert aus der bloßen Erteilung eines Rates oder einer Empfehlung ja noch keine Haftung. Aber wie verhält es sich, wenn ich meine Ratschläge in einem eloquenteren Deutsch verfasse? Muss ich mich z. B. genötigt fühlen, fachspezifische Vokabeln und komplexe Satzstrukturen zu vermeiden, um keine bestimmte berufliche Kompetenz oder Qualifikation zu suggerieren? Das wäre zumindest für mich hochgradig restriktiv.

Theoretisch wäre es ja immer möglich, dass Ratschläge und Empfehlungen fehlerhaft sind und dass sich bei Realisierung durch Andere destruktive Konsequenzen einstellen. Wenn ich mich aber nicht mehr so artikulieren darf, wie es mir am meisten zuspricht, womit ich mich identifizieren kann, wäre dies schon problematisch für mich.

Antwort des Anwalts

Aus der bloßen Erteilung eines (falschen oder unvollständigen) Rats oder einer Empfehlung kann in der Tat nur ausnahmsweise eine Haftung resultieren, nämlich wenn Sie in irgendeinem rechtlich relevanten Vertragsverhältnis zu den solchermaßen beratenen Personen stehen.

Es gibt allerdings, besonders im professionellen Bereich, durchaus Situationen, in denen für (falschen oder unvollständigen) Rat oder Empfehlung gehaftet wird.

Wir Anwälte können davon ein Lied singen. Eine gesamte Rechtsprechung beschäftigt sich mit sich nichts anderem mit der Erteilung von falschem anwaltlichen Rat und der sich daran anknüpfenden Haftung.

Dieser Haftung für falsche Rechtsberatung entgehen Sie allerdings als Laie normalerweise sowieso, den juristische Beratung wäre sowieso nicht erlaubt, vgl. § 3 RDG 2) und § 6 RDG 3).

Die Erteilung von rechtlichem Rat ist normaler Weise juristisch ausgebildeten Personen vorbehalten. Für die unerlaubte Rechtsberatung können Sie durch die Anwaltskammern gegebenenfalls abgemahnt werden, was insbesondere Steuerberatern häufig geschehen ist.

Hier nur einige weitere Beispiele:

Ein staatlicher Rentenbarater haftete für falschen Rat, den er einem Arbeitslosen gegeben hatte, vgl. Oberlandesgericht München vom 04.08.2011 Aktenzeichen: 1 U 5070/10 *1).

Der Rentenberater hatte es bei einem Beratungsgespräch versäumt, bei einem abgelehnten Antrag auf Altersrente (§ 237 SGB VI) darauf hinzuweisen, daß durch Nachzahlung von Beiträgen und durch eine erneute Arbeitslosenmeldung die Voraussetzungen für eine Altersrente noch hätten geschaffen werden können.

Aber auch in sonstigen Bereichen kommt eine Haftung für feherhafte Beratung in Frage. Als weiteres Beispiel genannt sei OLG Frankfurt, Urteil vom 29.09.2010 – 15 U 63/08 *4). Der bei der Vergabe und Überwachung unentgeltlich tätige Architekt wurde für fehlerhafte Drainage und Wärmedämmung in Regress genommen.

Auch ein weiter Bereich des Anlegerschutzrechts ist die Haftung von Banken bzw. von Finanzberatern gegenüber den Anlegern wegen falscher oder unvollständiger Beratung.

Haftungsmaßstab

Eine zweite, andere Frage ist der auf unentgeltlichen Rat heranzuziehende Haftungsmaßstab.

Bei vorsätzlich oder grob fahrlässiger falscher Beratung haben wir fast immer eine Haftung, eventuell sogar mit einem strafrechtlich relevanten Hintergrund.

Kritisch wird es aber, wenn wir uns im Grenzbereich bewegen von grober oder einfacher Fahrlässigkeit.

Der dann anwendbare Haftungsmaßstab richtet sich nach dem jeweiligen Vertragsverhältnis, sofern überhaupt vorhanden.

Der Grundsatz ist, daß bei unentgeltlicher Tätigkeit die Haftung gesetzlich auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt ist bzw. eventuell auch eingeschränkt werden kann.

Hier kommt eine Rechtsanalogie zu § 521 BGB in Frage (der Schenker haftet nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit), zu § 599 BGB (ebenso Verleiher) und § 690 BGB (bei unentgeltlicher Verwahrung besteht nur die Haftung für Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten).

Nach ständiger Rechtsprechung scheitert die Analogie aber daran, dass beim ebenfalls unentgeltlichen Auftrag eine solche gesetzliche Haftungsbeschränkung fehlt.

Beim Auftrag ist eine Haftung für leichte Fahrlässigkeit nur angebracht, wenn der Beauftragte eine selbstständige Tätigkeit wirtschaftlicher Art für einen anderen ausübt.

Die Rechtsprechung hat auch eine Haftungsbeschränkung durch den Gedanken des Handelns auf eigene Gefahr aufgegeben und geht in solchen Fällen nur noch von einer Minderung gemäß § 254 BGB wegen Mitverschuldens aus.

Um auf Ihre Ausgangsfrage zurück zu kommen:

Solange Sie Ihren Rat oder Empfehlung rechtlich unverbindlich lediglich äußern, und auch unentgeltlich, also von keiner Seite aus dafür Geld bekommen, sind Sie einiger Maßen auf der sicheren Seite.

Die Frage, ob Sie hierbei eloquenteres Deutsch verwenden, oder Fachausdrücke, spielt dabei rechtlich keine Rolle. Hier gilt nur der allgemeine Tipp, nur Fachvokabular zu verwenden, bei dem Sie sich gut genug auskennen.

Sie sollten niemals versuchen, den Eindruck zu erwecken, berufliche Qualifikationen oder Kenntnisse zu haben, die Sie in Wirklichkeit nicht besitzen. Bleiben Sie bei der schlichten Wahrheit.

Haftungsausschluss möglich?

Eine weitere Frage ist, ob und inwieweit die Haftung möglicherweise vertraglich ausgeschlossen werden kann.

Wenn Sie ganz sicher gehen möchten, können Sie Ihren Antworten einen Haftungsausschluss (disclaimer) hinzufügen.

Beispiel für einen Haftungsausschluss:

Diese Informationen erfolgen nicht im Rahmen eines konkreten Vertragsverhältnisses.

Die Verfasserin übernimmt keinerlei Gewähr für die Aktualität, Korrektheit, Vollständigkeit oder Qualität der bereitgestellten Informationen. Haftungsansprüche gegen die Verfasserin, welche sich auf Schäden materieller oder ideeller Art beziehen, die durch die Nutzung der dargebotenen Informationen bzw. durch die Nutzung fehlerhafter und unvollständiger Informationen verursacht wurden, sind grundsätzlich im weitest zulässigen Rahmen ausgeschlossen.

*) Unter meiner Antwort befinden sich:

Fußnoten, Zitate von einschlägigen Gesetzestexten, Urteilen, weiterführende Literatur, Links im Internet etc.

*1) Haftung Rentenberater OLG München

http://www.justiz.bayern.de/gericht/olg/m/presse/archiv/2011/03160/

http://www.dasinvestment.com/berater/news/datum/2011/09/02/staatlicher-rentenberater-haftet-fuer-falschen-rat/

*2) § 3 RDG
Befugnis zur Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen

Die selbständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen ist nur in dem Umfang zulässig, in dem sie durch dieses Gesetz oder durch oder aufgrund anderer Gesetze erlaubt wird.

*3) § 6 RDG
Unentgeltliche Rechtsdienstleistungen

(1) Erlaubt sind Rechtsdienstleistungen, die nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit stehen (unentgeltliche Rechtsdienstleistungen).

(2) Wer unentgeltliche Rechtsdienstleistungen außerhalb familiärer, nachbarschaftlicher oder ähnlich enger persönlicher Beziehungen erbringt, muss sicherstellen, dass die Rechtsdienstleistung durch eine Person, der die entgeltliche Erbringung dieser Rechtsdienstleistung erlaubt ist, durch eine Person mit Befähigung zum Richteramt oder unter Anleitung einer solchen Person erfolgt. Anleitung erfordert eine an Umfang und Inhalt der zu erbringenden Rechtsdienstleistungen ausgerichtete Einweisung und Fortbildung sowie eine Mitwirkung bei der Erbringung der Rechtsdienstleistung, soweit dies im Einzelfall erforderlich ist.

*3) Haftung des Architekten auch für Gefälligkeiten (fehlende Drainage und unzureichende Wärmedämmung)

OLG Frankfurt, Urteil vom 29.09.2010 – 15 U 63/08 – veröffentlicht in IBR-online, Werkstattbeitrag vom 07.01.2011

http://www.mek-law.de/aktuelles/e/a/2011/03/n/haftung-auch-bei-unentgeltlicher-leistung-aus-gefaelligkeit/?tx_ttnews%5BbackPid%5D=133&cHash=4ab844008f945c4a5624e62acccb908c

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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