Haftung von Steuerberater bei fehlerhaften Beratung

Online-Rechtsberatung
Stand: 20.01.2014
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Ich hatte in 2011 eine Betriebsprüfung meines Ein-Mann-Betriebes. Ich stellte auf einer computergesteuerten Fräsmaschine besondere Metallteile her. Die Steuererklärungen überließ ich einem Steuerberater. Seit der Betriebsprüfung unterstellt mir das Finanzamt, einer Liebhaberei und Hobbytätigkeit nachgegangen zu sein. Die Rückzahlungen über die Feststellung des Gewerbeverlustes von über 7000,- € reichen bis zur Anmeldung des Betriebes im Jahr 2001. Ich habe dem Finanzamt die Summe nach Beendigung der Aussetzung der Vollziehung gezahlt, möchte aber, dass mein Steuerberater sich an der Zahlung beteiligt.
Aus folgendem Grund: ich habe ihm bedingungslos vertraut, er aber hat nach m.M. nichts getan um z. B. den Grund einer Prüfung zu verhindern. Mein Gewinn war fast immer negativ. Das hätte er doch mit dem nur teilweise bzw. gezielten Einreichen meiner Ausgaben verändern können? Bei der so wichtigen Betriebsprüfung war er auch nicht anwesend und ließ mich ins offene Messer laufen.
Bis 2007 war ich Beamter im Schuldienst mit angemeldeter Nebentätigkeit, danach Pensionär. Meine Fa. habe ich 2012 abgemeldet.

Antwort des Anwalts

Im Kern geht es bei Ihrer Anfrage um die Möglichkeit, den Sie über mehrere Jahre in betreuenden Steuerberater für die nach Ihrer Auffassung unzureichende bzw. falsche Beratungsleistung und die hierdurch unterstellte Steuernachzahlung in Haftung zu nehmen.
Voraussetzung für eine Haftung und somit einen Schadensersatzanspruch gegen ihren Steuerberater ist, dass eine fehlerhafte Beratung aus dem zwischen Ihnen und dem Steuerberater für den fraglichen Zeitraum bestehenden Steuerberatungsvertrag vorliegt und nachgewiesen werden kann.
Grundsätzlich ist es so, dass ein Steuerberater im Rahmen seines Auftrags den Mandanten umfassend beraten und ungefragt über alle bedeutsamen steuerlichen Einzelheiten und deren Folgen unterrichten muss.
Der Steuerberater hat das Mandat so zu erledigen, wie es den Interessen des Mandanten entspricht. Hierzu gehört zunächst, dass der Steuerberater verpflichtet ist, den Mandanten umfassend auf alle Punkte tatsächlicher Art weitere Einzelheiten hin zu befragen. Soweit der Steuerberater von dem Mandanten informiert wird, darf der Steuerberater aber grundsätzlich auf die Korrektheit dieser Informationen vertrauen.
Auf ihrem Fall bezogen bedeutet dies zunächst einmal, dass Ihr Steuerberater auf die Richtigkeit der von ihm vorgelegten Daten und Unterlagen vertrauen durfte. Der Steuerberater ist grundsätzlich nicht verpflichtet, argwöhnisch zu sein und eigene Ermittlungen oder Prüfungen anzustellen.

Eine weitere Pflicht des Steuerberaters besteht darin, den Auftraggeber möglichst vor Schäden zu bewahren. Der Steuerberater hat zu diesem Zweck den sichersten Weg zu dem erstrebten steuerlichen Ziel aufzuzeigen und sachgerechte Vorschläge zu dessen Verwirklichung zu unterbreiten. Soweit der Steuerberater dieser Pflicht nachkommt soll der Mandant hierdurch in die Lage versetzt werden, eigenverantwortlich seine Rechte und Interessen zu wahren und eine Fehlentscheidung zu vermeiden.
Auf ihrem Fall bezogen bedeutet dies, dass der Steuerberater sich den Vorwurf gefallen lassen müsste, Sie nicht im Laufe der Jahre und aufgrund der fortdauernden Verlustsituationen auf die Problematik der drohenden Liebhaberei hingewiesen zu haben.
Der Steuerberater könnte in diesem Zusammenhang der Vorwurf treffen, im Rahmen seiner Beauftragung gegen die betreffende Belehrungspflicht verstoßen zu haben. Aufgrund des Fachwissens wird nämlich grundsätzlich unterstellt, dass der Steuerberater im Rahmen des ihm erteilten Auftrags von einer Belehrungsbedürftigkeit des Mandanten auszugehen hat und dieser durch diese Belehrung so in die Lage versetzt werden soll, eine eigenverantwortliche Entscheidung zu treffen. Spätestens dann ist eine Belehrung durch den Steuerberater gefordert, wenn dem Mandanten erkennbar rechtliche oder wirtschaftliche Nachteile drohen können. Ob bzw. zu welchem Zeitpunkt dies hier der Fall gewesen ist, ist ohne weitere Informationen nicht abschließend von mir zu beantworten.
Ob bzw. wann der Steuerberater von einer durch das Finanzamt unterstellten Liebhaberei ausgehen musste, ist auch nicht ganz so einfach zu beantworten.
Von einer Liebhaberei ist dann auszugehen, wenn ein Unternehmen nicht nach allgemeinen betriebswirtschaftlichen Grundsätzen arbeitet und nach seiner Wesensart und Art der Beschäftigung über die gesamte Lebensdauer des Unternehmens kein Gewinn erzielt wird (Stichwort: negativer Totalgewinn).

Im Ergebnis geht es also um die Frage der so genannten Gewinnerzielungsabsicht, wobei es grundsätzlich dann keine Probleme gibt, wenn sich ein Gewinn unter Abzug der Kosten und Aufwendungen ergibt.
In den ersten Jahren nach Gründung einer gewerblichen Tätigkeit kommt es eher selten zu einer unterstellten Liebhaberei, weil in der Anfangsphase hohe betriebliche Investitionen und geringe Umsätze oftmals typisch für eine Gründungsphase sind.
Etwas anderes kann sich dann ergeben, wenn lang andauernde Verlustphasen entstehen und zugleich wirtschaftlich sinnvolle und notwendige Maßnahmen, die der negativen Entwicklung entgegenwirken könnten, unterbleiben. In diesem Fall wird von den Finanzämtern zuweilen unterstellt, dass die Gründe für die Fortführung im persönlichen Bereich vermutet werden.

Für die Annahme einer solchen Konstellation scheint mir aufgrund ihrer Mitteilungen ggf. Anlass zu bestehen.
Soweit der Steuerberater mit einem Dauermandat beauftragt war, halte ich es durchaus für vertretbar ein Fehlverhalten des Steuerberaters voliegend anzunehmen. Soweit dem Steuerberater die jährlichen Abschlüsse vorlagen, bzw. oblagen, er also die Entwicklung Ihrer Tätigkeit über die Jahre konkret nachvollziehen konnte, halte ich es für vertretbar, den Vorwurf zu erheben, Sie nicht auf das Problem der Liebhaberei hingewiesen und entsprechende konkrete Gegenmaßnahmen vorgeschlagen zu haben. Ob ihr Einwand, dass der Steuerberater Ausgaben gar nicht oder anderweitig hätte verbessern müssen, hier konkret die die von dem Finanzamt unterstellten Liebhaberei hätte abwenden können, vermag ich nicht abschließend zu beurteilen. Grundsätzlich hätte man dem Finanzamt gegenüber den Vorwurf der Liebhaberei aber am besten dadurch entkräften können, dass zwischenzeitlich Gewinne erzielt werden. In diesem Zusammenhang wäre es natürlich schon sehr wichtig gewesen, die Ausgabenseite im Auge behalten zu haben. Eventuell hätte auch hilfreich sein können, Abschreibungsmethoden zu ändern. Zumindest dürfte man daher meiner Meinung nach von Ihrem Steuerberater erwarten, dass er Sie, jedenfalls nach mehreren Jahren, auf dieses Problem hinweist und gegebenenfalls Vermeidungsstrategien hierzu entwickelt. Diesbezüglich hätten regelmäßig vorzunehmende betriebswirtschaftliche Konzeptionen und Planungen über die Weiterentwicklung des Unternehmens ebenso weiterhelfen können.
Im Gegenzug trifft den Steuerberater aber keine Überwachungspflicht hinsichtlich solcher Hinweise, ob der Hinweis vom Mandanten befolgt und umgesetzt wird. Sollte ihr Steuerberater also beweisen können, Sie über das Problem der Liebhaberei informiert zu haben, würde dies aller Voraussicht nach zu einem Haftungsausschluss des Steuerberaters führen.

Weitere Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch gegen den Steuerberater ist, dass die (hier hier unterstellte) Verletzung des Steuerberaters aus dem Beratungsvertrag kausal für den von Ihnen behaupteten Schaden in Höhe der Nachversteuerung geworden ist. Bei der Prüfung der Kausalität kommt dem Mandanten nach der Rechtsprechung unter Umständen ein Anscheinsbeweis zugute. Dies bedeutet, dass zunächst eine tatsächliche Vermutung dafür besteht, dass der Mandant sich bei ordnungsgemäßer Beratung anders verhalten hätte. Auf ihrem Fall bezogen bedeutet dies, dass der Anscheinsbeweis dann anzunehmen wäre, wenn eine bestimmte Reaktion Ihrerseits im Falle einer ordnungsgemäßen Beratung durch den Steuerberater dazu geführt hätte, dass kein Schaden eingetreten wäre. Hier müsste so argumentiert werden, dass Sie die gewerbliche Tätigkeit bereits einige Jahre früher bei Kenntnis der Sachlage eingestellt hätten. Etwas anderes gilt nur dann, wenn zwei oder mehr verschiedene Handlungsweisen Ihrerseits mit unterschiedlichen Vor-und Nachteilen bei ordnungsgemäßer Beratung ernsthaft in Betracht gekommen wären. Dieser Punkt müsste im Fall der Geltendmachung eines Anspruchs gegen den Steuerberater noch näher geprüft werden.

Hinsichtlich der Schadenshöhe eines unterstellten Schadensersatzanspruches dürfte sich dieser aus den an das Finanzamt festgesetzten Rückzahlungspflichten aufgrund der Einstufung als Liebhaberei ergeben.

Des weiteren ist noch zu prüfen, ob ein Schadensersatzanspruch gegen Steuerberater zwischenzeitlich nicht bereits verjährt ist.
Insbesondere diese Rechtsfrage ist aufgrund einer geänderten Gesetzeslage zum Verjährungsrecht im Jahre 2004 nicht immer ganz einfach zu beantworten.
Grundsätzlich gilt für Schäden, die nach den geänderten Verjährungsregeln im Jahre 2004 entstanden sind, die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren gemäß §199 BGB. Danach beginnt die regelmäßige Verjährung mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat. Der Beginn des Anspruchs tritt regelmäßig mit der Bekanntgabe des belastenden Steuerbescheids ein, bei ihnen also vermutlich im Jahr 2011. Die Verjährungsfrist beträgt sodann grundsätzlich drei Jahre zum Ende des dritten Jahres, hier also zum Ende 2014.
Ob aufgrund der Tatsache, dass in Ihrem Fall auch Zeiträume bis zur Änderung der Verjährungsregeln im Jahr 2004 betroffen sind, dadurch gegebenenfalls auch noch das alte Verjährungsrecht gilt, kann ich aufgrund ihrer Mitteilung nicht abschließend beurteilen. Eventuell sind vorliegend auch noch so genannte Übergangsvorschriften zum Verjährungsrecht zu berücksichtigen.

Wie Sie vermutlich gemerkt haben, ist die Frage der Haftung des Steuerberaters aus einem Steuerberatungsvertrag rechtlich zuweilen sehr komplex und unter Umständen von Einzelheiten und Detailfragen abhängig.
Aufgrund ihrer Mitteilungen halte ich es jedoch nicht für ausgeschlossen, dass den Steuerberater hier ein Fehlverhalten vorzuwerfen sein könnte. Steuerberater, ähnlich wie Rechtsanwälte und Ärzte, sind gesetzlich verpflichtet, sogenannte Berufsschadenshaftpflichtversicherungen zu führen. Ein direkter Anspruch gegen die Versicherung besteht in diesem Zusammenhang jedoch nicht. Soweit ein Beratungsfehler geltend gemacht wird ist der Anspruch gegen den Steuerberater demnach direkt zu erheben.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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