Nachträgliche Verschlechterung einer Note: Was tun?

Online-Rechtsberatung
Stand: 21.09.2016
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Ich bin eine Lehrerin in einer Realschule Bayern. Mein Fach ist ein Nebenfach (Musik). Darf man als Lehrerin eine Note nachhinein verschlechtern? Heute habe ich eine Kontrollarbeit den Schülern zurückgegeben und ein Schüler hatte eine 1 bekommen, doch merkte er selber, dass ich mich mit dem Punkten verrechnet habe. Ich habe ihm die Note auf 2 herabsetzen müssen.

Nach der Schulzeit bekam ich einen bösen Anruf von dem Vater des Schülers. Er meinte, ich habe kein Recht die Note herabzusetzen. Ich weiß aber, dass in dem gleichen Fall die Note zu verbessern, wäre es kein Problem. Geht es hier nicht um eine Gleichberechtigung von den Schülern? Und wenn der Schüler auch selber den Fehler des Lehrers gemerkt hat, soll er nicht auch dazu stehen?
Meine Frage: Was ist in diesem Fall rechtlich richtig und wo kann man diesen Gesetz nachlesen?

Antwort des Anwalts

Vorab einige allgemeine Bemerkungen zur Notengebung in Schulen:

Als Rechtsquellen, nach denen sich die Beantwortung Ihrer Fragen nach der richtigen Notengebung richtet, sind zunächst einmal die Schulordnungen der Länder, das ist in Bayern die Bayerische Schulordnung (SchulO)*1).

Die Bayerische SchulO enthält keine Regelungen über die nachträgliche Änderung von erteilten Zensuren.

Ferner gibt es das Bayerische Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Mai 2000 *2).
§ 40 BayEUG enthält dabei einige Regelungen über Leistungsnachweise. Aus Absatz 4 zitiere ich:

(4) 1 Auf Grund der während des Schuljahres erbrachten Leistungen setzt die im betreffenden Fach unterrichtende Lehrkraft im Einvernehmen mit der Klassenleiterin oder dem Klassenleiter in jedem Unterrichtsfach die Zeugnisnote fest; kommt eine Einigung nicht zustande, entscheidet die Schulleiterin oder der Schulleiter. 2 Die Zeugnisnote eines Fachs wird auf Grund der Einzelnoten für die Leistungsnachweise in pädagogischer Verantwortung festgesetzt. 3 …

In Baden-Württemberg gibt es sogar eine Notenbildungsverordnung *3). Genaue Einzelheiten zu dem von Ihnen geschilderten Fall kann man darin auch nicht finden.

Dieses kodifizierte Recht wird überlagert von allgemeinen Rechtsgrundsätzen wozu auch die Grundrechte zählen.

Zu denken ist ferner noch an die Korrekturvorschriften für Verwaltungsakte, die Sie in den §§ 48, 49 VwVfG finden.

Bei Schulen ergibt sich die Besonderheit, daß das Verhältnis von Lehrern und Schülern früher (neben u.a. dem Militär und der Ehe) nach der Lehre vom besonderen Gewaltverhältnis als rechtsfreier Raum angesehen wurde. Damit wurde u.a. früher sogar, bis hinein in die 70er Jahre, die Prügelstrafe gerechtfertigt.
Diese veraltete Rechtsauffassung wird heute mit modernen rechtsstaatlichen Anschauungen nach und nach aufgegeben und auch die Grundrechte halten in moderatem Masse auch in der Schule Einzug.

Bei der Benotung einzelner Arbeiten gilt dabei folgendes:

Die Benotung der einzelnen Klassenarbeit ist lediglich einer der Leistungsnachweise im Sinne der Bayerischen Schulordnung für den Lehrer (und Schüler), die zur Bildung der Endnote beiträgt. In diesem Rahmen gibt es eine pädagogische Gesamtbewertung. Diese Entscheidung liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Lehrers. Das Ermessen kann lediglich auf Ermessensfehler hin überprüft werden. Diese Fehler müssen sich zusätzlich auf das Endergebnis ausgewirkt haben. Zu den gerichtlich auch überprüfbaren Ermessensfehlern gehört u.a. der Ermessensfehlgebrauch, der Ermessensausfall, das Übersehen der Ausübung des Ermessens überhaupt oder Fälle der Ermessensreduzierung auf 0. Bei der Einbeziehung der Einzelleistung kommt es nicht auf die von Ihnen konkret erteilte Note an, sondern auf Ihre Bewertung der Leistung als solche.

Selbst die u.a. aus den schriftlichen Noten resultierenden Halbjahres-Zeugnisse dienen lediglich der Information der Schüler und Eltern. Rechtlich angreifbar sind sie nicht.

Die Endjahres-Zeugnisnoten hingegen sind dann eventuell justitiable, durch die Gerichte überprüfbare, Verwaltungsakte. Dies ist insbesondere der Fall, wenn dadurch die Entscheidung über die Versetzung beeinflusst wird.

Vorgeschaltet würde dann, wie bei allen Verwaltungsakten, ein Einspruchs- bzw. Widerspruchsverfahren. Dabei wird, sofern Sie keine Abhilfe leisten, die Entscheidungsbefugnis an die Ihnen vorgesetzte Behörde verlagert, die den Sachverhalt nochmal überprüft. Nach einem ablehnenden Widerspruchsbescheid kann dann Klage zur Überprüfung des Sachverhalts eingereicht werden.

Nach diesen Grundsätzen richtet sich auch die weiterer Beantwortung Ihrer Fragen:

Frage Teil 1: geht es hier nicht um eine Gleichberechtigung von den Schülern?

Antwort: Der Gleichheitssatz nach Art. 3 GG zwingt die staatliche Gewalt dazu, gleiche Sachverhalte nicht ohne Grund ungleich zu behandeln. Ein weiteres damit zusammenhängendes Prinzip ist, daß es im Unrecht keine Gleichheit gibt.

Danach ist es, von der oben angesprochenen Problematik abgesehen, im vorliegenden Fall sogar ein Gleichheitserfordernis, die falsche Bewertung zu korrigieren! Wenn Sie das nicht täten, würden Sie nämlich einen Schüler mit einer objektiv schlechteren Leistung gegenüber anderen, gleich oder besser qualifizierten Schülern bevorzugen.

Frage Teil 2: und wenn der Schüler auch selber den Fehler des Lehrers gemerkt hat, soll er nicht auch dazu stehen?

Genau. Hier wäre allenfalls zu überlegen, ob schutzwürdiges Vertrauen auf den Fortbestand der falschen Bewertung einer Änderung der Note entgegensteht.

Dies dürfte offensichtlich nicht der Fall sein. Sie müssen schließlich die Leistung des Schülers bewerten und die Note dient letztendlich nur dem Leistungsnachweis.

Wenn diese Leistung überhaupt nicht erbracht wurde, dürfen Sie das auch nicht so stehen lassen. Wichtig ist dann allerdings nur, daß Sie dieselben Standards auch bei allen Schülern anwenden. Es ginge natürlich nicht an, daß Sie bei einigen Schülern nachträglich die Noten ändern und bei gleicher Sachlage bei anderen Schülern nicht.
meine Frage: was ist in diesem Fall rechtlich richtig und wo kann man diesen Gesetz nachlesen?

Antwort: die wichtigsten Rechtsquellen habe ich Ihnen in meinen Vorbemerkungen bereits angegeben, auch wenn Ihr konkreter Fall dabei im Wesentlichen nicht geregelt ist.

Das Fehlen einer ausdrücklichen Regelung hängt damit zusammen, daß es letztendlich Ihrem - pflichtgemäßen - Ermessen anheimgestellt ist, eine faire Benotung für die Schüler sicher zu stellen.

Abschließend möchte ich noch auf ein Urteil und dessen Besprechungen hinweisen: Die Mathematiknote wurde im konkreten Fall durch das Gerichtsurteil nicht aufgehoben, weil lediglich pauschal die Unfähigkeit des Lehrers behauptet worden war (Bayerisches Verwaltungsgericht München, Urteil vom 17.07.2000 Aktenzeichen: M 3 K 00.1251).

Im Zweifel würde aber auch vor Gericht Ihre Ermessensentscheidung bei der Notengebung lediglich auf Ermessensfehler hin überprüft werden können.

Selbst in diesem Fall halte ich es allenfalls für einen Ermessensfehler, wenn Sie bei gleicher Leistung Ihre eigene Fehlbeurteilung nicht korrigieren würden und einem der Schüler lediglich deshalb eine bessere Note erteilen würden.

Zusammen mit den obigen weiteren Kriterien können Sie somit den Ärger des Schülers bzw. von dessen Vater einigermassen beruhigt an sich abgleiten lassen.

*) Unter meiner Antwort befinden sich:

Fußnoten, Zitate von einschlägigen Gesetzestexten, Urteilen, weiterführende Literatur, Links im Internet etc.

*1) Bayerische SchulO

*2) BayEuG Fundstelle: GVBl 2000, S. 414

*3) Notenbildungsverordnung BW

*4) Klagen gegen Schulnoten
http://www.n-tv.de/ratgeber/Klagen-gegen-schlechte-Noten-article679096.html

5) Urteil Verwaltungsgericht München
http://www.schulleiter.de/artikel-lesen/artikel/jahreszeugnisse-wenn-eltern-einspruch-erheben/

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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