Kontischicht - Urlaubsanspruch

Online-Rechtsberatung
Stand: 03.09.2013
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Der Arbeitgeber streicht bis zu 2 Tage Tarifurlaub für Konti-Schichtarbeiter mit der Begründung, die Mitarbeiter im Konti-Schichtdienst arbeiten ja nicht durchschnittlich 5 Tage in der Woche, also von Montag bis Freitag. Die Kontischicht arbeitet 2 Früh-, 2 Mittag- 2-Nachtschichten, oder 2 Früh- 2 Mittag- 3 Nachtschichten, oder ähnliche Schichtfolgen mit anschließenden 2-3-4 Tagen Frei, das wechselt immer.
Normalschichtige Mitarbeiter haben einen Anspruch auf 32 Tage Urlaub ab dem 50 zigsten Lebensjahr bei Vollzeitbeschäftigung ( 5 Tage-Woche, Montag bis Freitag )

Laut Tarifvertag kann der Urlaub gekürzt werden, wenn ein Mitarbeiter nicht 5 Tage in der Woche arbeitet. Teilzeitkräfte?

Kann der Arbeitgeber das so praktizieren?
Die Konti-Schichtarbeiter sind doch auch Vollzeitbeschäftigte, oder?

Antwort des Anwalts

Auch Konti-Schichtarbeiter sind mit Vollzeitbeschäftigten gleich zu behandeln.

Bei einer anderen Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit als auf fünf Tage in der Woche erhöht oder vermindert sich der Urlaubsanspruch laut Tarif entsprechend, in Ihrem Betrieb um 2 Tage.
Dies ist aufgrund eines Tarifs zulässig, da der gesetzliche Jahresurlaubsanspruch von 24 Werktagen (4 Wochen) nicht unterschritten wird.

Oft ist die wöchentl. Arbeitszeit nicht immer auf dieselben Arbeitstage verteilt. Das gilt insb. bei wechselnden Teilzeittätigkeiten, bei rollierenden Systemen und im Schichtbetrieb.

Hierzu sagt die Kommentarliteratur folgendes (z.B. Gallner in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 12. Auflage 2012, § 3 BUrlG, Rn. 16):

„In Fällen unregelmäßiger Verteilung der Arbeitszeit ändert sich die Berechnungsformel insofern, als nicht mehr eine Woche der Berechnungsrahmen ist, sondern der Zeitraum, in dem sich der Arbeitsrhythmus nach dem betriebl. oder tarifl. Ablaufplan wiederholt. Das können Zeiträume zwischen zwei Wochen und einem ganzen Jahr sein (BAG 22. 10. 1991 AP BUrlG § 3 Nr. 6; 20. 8. 2002 NZA 2003, 1046; zu der Umrechnung nach § 26 I TVöD im Zeitraum eines Kalenderjahres BAG 15. 3. 2011 DB 2011, 1814 Rn. 22?ff.). Weiter ist darauf zu achten, an wie vielen Arbeitstagen in diesem Zeitraum eine Arbeitsverpflichtung besteht.“

Rn. 17 und 18: „Ist ein Arbeitnehmer z.B. regelm. in der ersten Woche an vier Tagen und in der zweiten Woche an fünf Tagen zur Arbeit verpflichtet, sind die Arbeits- und Werktage rechnerisch zueinander in Beziehung zu setzen (BAG 14. 1. 1992 AP BUrlG § 3 Nr. 5; 19. 4. 1994 AP BUrlG § 1 Treueurlaub Nr. 3). Der Umfang des Urlaubs kann auch im Schichtdienst Veränderungen unterliegen. In der Rspr. ist das bisher nur zu tarifvertragl. Bestimmungen entschieden. Die tarifl. Dauer von 24 oder 30 Arbeitstagen Urlaub, die auf eine Arbeitszeitverteilung an fünf Wochentagen abstellt (zB § 13 MTV Metall NRW), verändert sich, wenn die Durchführung eines betriebl. Schichtplans eine wöchentl. Arbeitsverpflichtung von durchschnittl. mehr oder weniger als fünf Tagen ergibt (BAG 3. 5. 1994 AP BUrlG § 3 Fünf-Tage-Woche Nr. 13; 8. 11. 1994 AP TVG § 1 Tarifverträge: Metallindustrie Nr. 122; 8. 11. 1994 AP BUrlG § 11 Nr. 35). Ist nach einem Schichtplan die Arbeitszeit (AZ) so verteilt, dass eine Arbeitsverpflichtung unterschiedl. an zwei bis sechs Tagen in der Woche besteht und wird die regelm. wöchentl. AZ nach 20 Wochen an 90 Tagen erreicht, beträgt der tarifl. Urlaub 27 Arbeitstage (20 Wochen mit fünf Tagen ergeben eine Arbeitspflicht an 100 Tagen; eine Arbeitspflicht an 90 Tagen ergibt eine Verringerung des Urlaubsanspruchs um ein Zehntel auf 27 Arbeitstage).“

s.a.: Beck"scher Online-Kommentar Arbeitsrecht
Hrsg: Rolfs/ Giesen/ Kreikebohm/ Udsching; § 3 BUrlG;
Stand: 01.12.2011
Edition: 22
II. Arbeitnehmer mit unregelmäßiger Arbeitszeit,
Randnummer 7: „Auch bei einer unregelmäßigen Verteilung der Arbeitzeit, bei rollierenden Systemen oder im Schichtbetrieb ist eine Umrechnung vorzunehmen (vgl bspw BAG 19.1.2010 NZA-RR 2010, 473). Der Urlaubsanspruch eines (teilzeitbeschäftigten) Arbeitnehmers, der nicht an allen Arbeitstagen der Woche arbeiten muss, soll „unter dem Strich“ ebenso viel bzw ebenso wenig Urlaub ausgedrückt in Kalenderwochen erhalten wie ein vollbeschäftigter Arbeitnehmer, so dass er ggf rechnerisch zu kürzen ist (vgl BAG 20.6.2000 AP BUrlG § 3 Fünf-Tage-Woche Nr 15). Dabei kann ggf nicht mehr eine Woche als Maßstab herangezogen werden, sondern ein längerer Zeitraum, der zwischen mehreren Wochen und einem ganzen Jahr liegen kann (BAG 20.8.2002 AP BetrVG 1972 § 38 Nr 27). Maßgeblich ist dabei jeweils der Zeitraum, nach dem sich der Arbeitsrhythmus berechnet (vgl zB LAG Mecklenburg-Vorpommern 6.3.2007 - 5 Sa 214/06). Es können sich daher folgende Berechnungsformeln ergeben: Bei einer Jahressollarbeitszeit ist eine Jahresberechnung vorzunehmen, d.h. der gesetzliche Urlaubsanspruch ist mit der Zahl der individuellen Jahresarbeitstage zu multiplizieren und dann durch die konkreten Jahreswerktage zu dividieren. Die Jahreswerktage unterscheiden sich für jedes Jahr nach den tatsächlichen Werktagen, also ohne Berechnung der Sonn- und Feiertage.“

Berücksichtigt man diese Kommentierung und die oben genannte Rechtsprechung des BAG (Bundesarbeitsgerichts), so müssen also auch Ihre tatsächlichen wöchentlichen Arbeitszeiten nach dem zitierten Berechnungsschema umgerechnet werden, so dass man die tatsächliche durchschnittliche Wochenarbeitszeit erhält.

Sollten die Kontischichten (Arbeits- und freie Tage) so errechnet sein, dass Sie übers Jahr gerechnet durchschnittlich 5 Tage pro Woche arbeiten (260 Tage), so darf auch kein Abzug der Urlaubstage vorgenommen werden.
Sollte die Berechnung exakt so sein, dass Sie geringfügig weniger als eine 5-Tage-(Vollzeit-)Woche haben, kann der Abzug gerechtfertigt sein.
Selbstverständlich müssen Sie Urlaub nur für die entsprechend vorher festgelegten Arbeitstage nehmen.

Teilzeitbeschäftigte, die entsprechend weniger Tage als 5-Tage in der Woche arbeiten (z.B. 3 Tage), haben auch nur einen entsprechend geringeren Anspruch auf Urlaub (in Ihrem Fall z.B. 3/5 von 32 Tagen), müssen dann ebenfalls natürlich nur 3 Tage Urlaub pro (Urlaubs-)Woche einbringen.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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