Gesamtheit der Behinderung - 50% erreichen?

Online-Rechtsberatung
Stand: 13.09.2016
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Ich war elf Wochen in einer Tagesklinik für Psychiatrie. Dort habe ich folgende Diagnose erhalten: Mittelgradige ausgeprägte chronifizierte Depression mit neurotischen und reaktiven Anteilen.
Außerdem besteht ein Grad der Behinderung von 40 Prozent. Arthritis 30 Prozent, psychische Störung 20Prozent, Schlafapnoe 20Prozent und Zöliakie 20 Prozent.
Kann ich mit der neuen Diagnose einen Wert des GdB 50 Prozent erreichen?

Antwort des Anwalts

Um das Ergebnis gleich vorweg zu nehmen, möchte ich Ihnen raten, wenn Sie Anhaltspunkte dafür haben sollten, dass der GdB zu gering berechnet ist, Widerspruch gegen den Bescheid einzulegen (innerhalb eines Monats ab Zugang des Bescheids möglich) oder einen Neuantrag auf Bescheidung zu stellen.

Hintergrund einer solchen Entscheidung sollte allerdings immer die fachliche Stellungnahme Ihres behandelnden Arztes sein, da üblicherweise die Schwere einer Erkrankung ohne medizinische Unterstützung für einen medizinischen Laien nicht möglich ist.

In Ihrem Fall wurde aufgrund der multiplen Erkrankungsbilder aus den einzelnen GdB ein so genannter Gesamt-GdB gebildet. Dieser bezeichnet den Gesamtgrad der Behinderung.

Zur Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung muss zunächst für jede Störung ein Einzel-Behinderungsgrad festgestellt werden. Sodann sind die Auswirkungen der einzelnen Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander zu bewerten.
Zu beachten ist dabei, dass bei der Bildung des Gesamtgrades der Behinderung keinesfalls die Einzel-Behinderungsgrade einfach addiert werden dürfen, weil dies vielfach zu völlig unrealistischem Setzen des Gesamtgrades der Behinderung führen würde.

In der Regel wird in solchen Fällen zunächst von der Gesundheitsstörungen mit dem höchsten Behinderungsgrad auszugehen sein, in Ihrem Fall die Arthritis mit 30 Prozent.
Dann wird im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen sein, ob und inwieweit dadurch das Ausmaß der Behinderung größer wird und ob entsprechend der Behinderungsgrad erhöht werden muss, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Dies ist jeweils eine Frage des Einzelfalls und sollte durch den behandelnden Arzt medizinisch begründet werden. Ich empfehle in solchen Fällen immer, einen aktuellen Arztbrief des behandelnden Arztes vorzulegen, da regelmäßig bei der Begutachtung keine persönliche Vorstellung des Betroffenen erfolgt. In der Regel geschieht die Beurteilung des Behinderungsgrades rein nach Aktenlage.

Bei der Feststellung des Behinderungsgrades muss auch untersucht werden, ob das Ausmaß der vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen vergleichbar ist mit den Auswirkungen einer einzelnen Störung, für die ein Behinderungsgrad von 50 Prozent vorgesehen ist. Die Versorgungsmedizinischen Grundsätze verweist insofern ausdrücklich auf diejenigen Gesundheitsstörungen, die allein zu einem Behinderungsgrad von 50 Prozent führen, wie beispielsweise schwere Herzleistungsstörungen oder schwere Lungenfunktionsstörungen, Verlust einer Hand oder Verlust eines Beines im Unterschenkel.

Wenn man den Gesamtzustand eines Antragstellers mit einem Zustand vergleicht, wie ihn zum Beispiel der Verlust einer Hand herbeiführt oder der besteht, wenn bereits leichte körperliche Belastungen nur noch mit Einschränkungen möglich sind, ist es möglicherweise leichter einzusehen, warum das Vorliegen von mehreren, relativ leichten Funktionsstörungen mit einem Einzel-GdB von je 20 oder sogar 30 nicht unbedingt einen Gesamt-GdB von 50 Prozent rechtfertigt. Aber auch diese Beurteilung ist immer eine Frage des jeweiligen Einzelfalls.

Im Ergebnis kann daher gesagt werden, dass Sie (mit der entsprechenden medizinischen Unterstützung durch Ihren behandelnden Arzt) in begründeten Fällen in jedem Fall versuchen sollten, eine Überprüfung der Entscheidung des Behinderungsgrad es zu veranlassen. Dies können Sie entweder durch Einlegung eines Widerspruchs innerhalb eines Monats ab Zustellung des Bescheides oder durch einen neuen Antrag machen. Aus meiner Sicht ergibt sich bei den von Ihnen angesprochenen Einzel-GdB nicht zwangsläufig die Schlussfolgerung, dass hier ein Gesamt-GdB von 50 erreicht werden muss. Dies bedeutet aber nicht, dass einen sprechen Antrag oder Widerspruch keinen Aussicht auf Erfolg hätte. Es kommt eben jeweils auf die medizinische Begründung unter Maßgabe der vorangegangenen Ausführungen an.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

Rechtsberatung am Telefon

Telefonieren Sie sofort mit einem Anwalt oder einer Anwältin und stellen Sie Ihre individuelle Frage.

*1,99€/Min inkl. USt. aus dem Festnetz. Höhere Kosten aus dem Mobilfunk.

Telefonanwalt werden

Werden Sie selbstständiger Kooperationsanwalt der Deutschen Anwaltshotline AG:

  • Krisensicherer Umsatz
  • Rechtsberatung per Telefon
  • Homeoffice