Ungewollte Preisgabe von Dokumenten - Welche Konsequenzen sind zu befürchten?

Online-Rechtsberatung
Stand: 27.09.2016
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Ich habe zuletzt bei einem Arbeitgeber gearbeitet, für den ich Dokumente erstellt habe. Ich bin als Ingenieur selbstständig in der Entwicklung tätig. Zuvor war ich bei einem Konkurrenten tätig. Ich habe aber nicht absichtlich zur Konkurrenz gewechselt. Es war Zufall.

Der Fall ist folgender:
Ich habe Dokumente des vorherigen Auftraggebers mit zu meinem neuen Auftraggeber genommen. Laut Geheimhaltungsklausel im alten Vertrag hätte ich diese Dokumente löschen müssen. Unglücklicherweise hat ein Mitarbeiter meines neuen Auftraggebers diese Dokumente in meinem als Persönlich gekennzeichneten Ordner gefunden. Er hat sie bösartig an seinen Chef weiter geleitet und der Fall ging bis zur obersten Etage.
Sie haben erst gar nicht mit mir geredet. Nur so viel weiß ich, dass ich von ihnen kein Nachspiel (außer der Aufhebung meines Auftrags) erwarten muss. Nun bin ich den aktuellen Auftrag los und der Auftraggeber hat den letzten Auftraggeber darüber informiert, dass Dokumente von ihm bei mir gefunden wurden. Es war reine Blödheit, sie an dieser Stelle zu speichern. Ich hatte nie die Absicht die Dokumente in falsche Hände fallen zu lassen. Es ist auch kein tatsächlicher Schaden entstanden, da ich die Dokumente nicht gebraucht habe um die neuen Dokumente zu erstellen, aber das weiß natürlich aktuell keine der Parteien. Es könnten natürlich ähnliche Formulierungen vorhanden sein. Aber nie die gleichen.

Die Frage ist nun, was kann mir schlimmstenfalls passieren?

Auf welche Geldsumme kann mich mein früherer Auftraggeber verklagen?

Kann das ganze strafrechtliche Konsequenzen haben (ich nehme an, nein, da niemand tatsächlich zu Schaden gekommen ist)

Ich bin mir ziemlich sicher, dass es trotzdem zu einer Anklage kommt. Wäre es ratsam, schon jetzt einen Anwalt aufzusuchen? Wenn ja, welche Fachrichtung?

Antwort des Anwalts

Ich möchte vorweg schicken, dass ich aufgrund Ihrer Sachverhaltsschilderung davon ausgehe, dass die Angelegenheit strafrechtlich nicht relevant ist, da Sie keinerlei Vorsatz hatten, fremde Daten an Dritte weiterzugeben.

In zivilrechtlicher Hinsicht ist der von Ihnen geschilderte Sachverhalt allerdings relevant. Betroffen sind sowohl die Vertragsbeziehungen zu Ihren beiden Auftraggebern als auch die Frage, ob und in welcher Höhe Sie Schadensersatz zu leisten haben.
Dabei gehe ich davon aus, dass Sie selbstständig für Ihre Auftraggeber tätig sind und nicht als Arbeitnehmer. Sie benutzen in Ihrer Schilderung des Sachverhaltes sowohl die Ausdrücke „Arbeitgeber“ als auch „Auftraggeber“. Sofern hier auch ein Arbeitsverhältnis im Sinne einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung vorliegen sollte, bitte ich um eine kurze Mitteilung, damit ich meine Rechtsauffassung hier nochmals überprüfen kann. Sollte ich von Ihnen nichts Gegenteiliges hören, gehe ich davon aus, dass es sich um eine übliche Dienstleistung im Rahmen eines Auftragsverhältnisses handelt.

Sie hatten erwähnt, dass Ihre vertragliche Vereinbarung mit dem ersten Auftraggeber vorsieht, dass Sie die Dokumente, die Sie für ihn gefertigt haben, nach Beendigung des Auftrages vernichten. Da Sie dieser Vereinbarung - die nach meinem Dafürhalten zulässig ist - nicht nachgekommen sind, haben Sie den Vertrag mit dem ersten Auftraggeber verletzt. Dabei spielt es meiner Meinung nach keine Rolle, ob die Daten erst durch Ihren Kollegen oder direkt durch Sie zur Kenntnis Ihres zweiten Auftraggebers gelangt sind. Denn aus dem ersten Auftragsverhältnis waren Sie verpflichtet, die Daten zu vernichten, so dass Ihr erster Auftraggeber alleine aus dieser Pflichtverletzung heraus Ansprüche gegen Sie haben dürfte.

Da das Auftragsverhältnis mit dem ersten Auftraggeber bereits beendet ist, stellt sich allerdings die Frage, in welcher Höhe der erste Auftraggeber gegen Sie Schadensersatzansprüche geltend machen könnte.
Grundsätzlich gilt hierzu, dass ein Schaden nur dann geltend gemacht werden kann, wenn er tatsächlich entstanden ist. Dies bedeutet, dass der erste Auftraggeber nachweisen müsste, dass ihm durch Ihre Pflichtverletzung ein Schaden entstanden ist. Ihren Ausführungen kann ich entnehmen, dass ihm offenbar kein Schaden entstanden ist. Daher sind Sie nach meinem Dafürhalten auch nicht verpflichtet, einen Schaden – gleich welcher Höhe - zu ersetzen.

Anders wäre dies zu beurteilen, wenn Sie im Falle einer Pflichtverletzung aus dem Vertrag mit dem ersten Auftraggeber verpflichtet wären, für einen solchen Fall eine Vertragsstrafe zu zahlen. Dies müsste sich aus Ihrem Vertrag ergeben. Sofern dies der Fall sein sollte, müsste überprüft werden, inwieweit die Vertragsstrafe tatsächlich verwirkt ist und ob diese angemessen ist.

Da ich Ihrem Sachverhalt nicht entnehmen kann, dass ein solches Vertragsstrafenversprechen existiert, bitte ich Sie für den Fall, dass dieser Punkt hier relevant sein sollte, um Rücksprache.

Gleichwohl ist hier auch das Vertragsverhältnis mit dem zweiten Auftraggeber betroffen. Allerdings kann ich aufgrund Ihrer Schilderung des Sachverhaltes hier kein Verschulden von Ihnen erkennen, welches zu einer Beendigung des Vertragsverhältnisses führen könnte. Vielmehr wäre von Ihrer Seite aus zu beanstanden, dass ein Mitarbeiter Ihres zweiten Auftraggebers ohne Ihre Zustimmung auf vertrauliche Daten bei Ihnen zugegriffen und diese an den Vorgesetzten weitergeleitet hat.
Ebenso zu beanstanden ist meiner Meinung nach auch, dass der zweite Auftraggeber diese widerrechtlich erlangten Informationen (vermutlich in Schädigungsabsicht) an Ihren ersten Auftraggeber weitergeleitet hat.
Aufgrund dieses Vertrauensbruches stünde Ihnen nach meinem Dafürhalten das Recht zur außerordentlichen Kündigung des Vertragsverhältnisses sowie Schadensersatzansprüche zu.
Dass der zweite Auftraggeber das Recht haben soll, Ihren Vertrag zu kündigen, sehe ich nicht. Denn zum einen war durch die Pflichtverletzung gegenüber dem ersten Auftraggeber das Vertragsverhältnis mit dem zweiten Auftraggeber nicht betroffen und zum anderen war derjenige, der sich hier nicht pflichtgemäß verhalten hatte der zweite Auftraggeber und nicht Sie.

Ich gebe zu, dass dies reine Bewertungen aufgrund des von Ihnen geschilderten Sachverhaltes sind. Daher kann man möglicherweise unter Berücksichtigung weiterer Gesichtspunkte den gesamten Sachverhalt natürlich anders bewerten. Ich möchte auch darauf hinweisen, dass mir die den Vertragsbeziehungen zu Grunde liegenden Verträge hier nicht vorliegen. Ich biete Ihnen aber gerne an, mir diese zur Durchsicht zu übersenden, so dass ich überprüfen kann, ob sich hieraus möglicherweise noch weitere rechtliche Gesichtspunkte ergeben.

Ich gebe Ihnen auch gerne Gelegenheit, mir zu meiner Einschätzung Rückfragen zu stellen. Sofern Sie noch Details zum Sachverhalt ergänzen möchten, können Sie dies natürlich gerne tun.

Zum jetzigen Zeitpunkt halte ich die Einschaltung eines Rechtsanwaltes nicht für unbedingt erforderlich. Allerdings sollte Ihnen bewusst sein, dass Sie eine von ihrem zweiten Auftraggeber ausgesprochene Kündigung des Vertragsverhältnisses nicht hinnehmen müssen.

Ihren Sachverhalt verstehe ich so, dass eine Kündigung derzeit noch nicht ausgesprochen worden ist. Sollte eine Kündigung ausgesprochen werden, halte ich es allerdings erforderlich, dass Sie sich dann umgehend um rechtliche Hilfe durch einen Rechtsanwalt bemühen, da diese Kündigung vermutlich anfechtbar wäre. Sofern Sie nicht beabsichtigen, sich gegen diese Kündigung zur Wehr zu setzen, wäre die Einschaltung eines Rechtsanwaltes erst dann erforderlich, wenn Sie durch den ersten Auftraggeber auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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