Kündigung eines Fitnessvertrages wegen dauerhafter Erkrankung

Online-Rechtsberatung
Stand: 22.09.2016
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Aufgrund einer dauerhaften Erkrankung (die bei Vertragsabschluss noch nicht vorlag) habe ich meinen Fitnessvertrag fünf Monate vor Ablauf gekündigt (2008). Zu diesem Zeitpunkt hatte ich das Studio bereits mehrere Monate aus gesundheitlichen Gründen nicht genutzt. Der Kündigung wurde ein ärztliches Attest vom Hausarzt beigelegt. Das Fitnessstudio hat jetzt Klage beim Amtsgericht Leipzig eingereicht. Meine Neurologin hat daraufhin ein ausführliches Attest ausgestellt, mit genauer Diagnose und dem Hinweis, dass die Beschwerden bis zum heutigen Tag andauern.

Ich befinde mich noch immer in neurologischer und psychotherapeutischer Behandlung. Wegen regelmäßiger, schwerer Schmerzattacken bekomme ich von einer anderen Neurologin Dauernadeln gesetzt um den Schmerzkreislauf zu unterbrechen. Außerdem muss ich weiterhin Psychopharmaka einnehmen und gehe zum Yoga um Schmerz- und Stresssituationen zu überstehen.

Die Gegenseite hat zu alle Ausführungen mit Nichtwissen bestritten und die Richterin hat meinem Anwalt eine Schreiben zu Stellungnahme vorgelegt mit dem Wortlaut: Eine Dauererkrankung stellt auch, wenn sie sich verschlechtert, keinen Kündigungsgrund dar.

Was kann ich tun? Muss ich das so hinnehmen?

Antwort des Anwalts

Sehr geehrte Mandantin,

Bei einem Fitnessvertrag handelt es sich um ein sog. Dauerschuldverhältnis, welches nach § 314 BGB unter bestimmten Voraussetzungen aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden kann. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Ob ein wichtiger Grund vorliegt, hängt von den Einzelumständen ab. Es müssen die Interessen des Studiobetreibers am Festhalten des Vertrages gegen die des Kunden an der Auflösung des Vertragsverhältnisses abgewogen werden.

Ein in der Rechtsprechung anerkannter wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung ist unter bestimmten Umständen auch die gesundheitliche Einschränkung des Kursteilnehmers, die es ihm quasi auf unabsehbare Zeit unmöglich macht, ohne Gefährdung der eigenen Gesundheit weiterhin am regelmäßigen Training teilzunehmen. Dabei genügt nach der Rechtsprechung eine vorübergehende Krankheit nicht. § 314 BGB fordert nämlich vor Eintritt der Vertragsbeendigung eine Vertragsanpassung. Denn grundsätzlich ist der Kunde an den Vertrag gebunden und liegt es in seiner Risikospähre, auf Grund eigener Erkrankungen nicht weiter am angebotenen Training teilnehmen zu können. Es ist deshalb bei nur vorübergehender Erkrankung mit Gutschriften oder Vertragsverlängerungen eine Vertragsanpassung vorzunehmen. Dies scheint in Ihrem Fall wohl der Richterin vorzuschweben, wenn Sie Ihre Krankheit offensichtlich nur als vorübergehend betrachtet. Vermutlich wird Sie im Zuge einer Einigung vorschlagen, entweder während Ihrer Krankheit das Training kostenfrei auszusetzen und die Zeit an die Vertragsdauer anzuhängen oder Sie während dieser Zeit lediglich beitragsfrei zu stellen.

Zwar bescheinigt Ihr Arzt, dass Sie aus gesundheitlichen Gründen auf Dauer von einer Nutzung der angebotenen Leistungen ausgeschlossen sind. Ein Attest des Inhalts, dass Ihre Beschwerden ...bis zum heutigen Tag andauern... bringt Sie jedoch nicht weiter. Dieser eine kurze Satz genügt jedoch bei weitem nicht den Anforderungen an ein Attest, welches eine außerordentlichen Kündigung rechtfertigen könnte. So ergibt sich nicht einmal ansatzweise, welche gesundheitlichen Beeinträchtigungen vorliegen und welche angebotenen Geräte Sie nicht nutzen können. Es ist auch nicht ersichtlich, welche Verschlimmerungen bei weitergehendem Training eintreten könnten usw. Anders ausgedrückt ist Ihr ärztliches Attest für den Zweck einer Vertragskündigung unbrauchbar. Attestiert Ihnen ein Arzt z.B., dass eine Fortsetzung des Trainings Ihren Gesundheitszustand verschlimmern würde oder gar Dauerschäden verursachen könnten, dürfte die Zumutbarkeitsgrenze überschritten sein, was eine außerordentliche Kündigung rechtfertigt.

Im Ergebnis ist es demnach keineswegs ausgeschlossen, das Vertragsverhältnis vorzeitig aus erheblichen gesundheitlichen Gründen zu beenden. Sie sollten sich deshalb einen ausführlichen Befund mit ärztlicher Einschätzung der Gefahren, die bei fortdauerndem Training für Ihre Gesundheit zu befürchten sind, beschaffen. Dann sehe ich durchaus Möglichkeiten für Sie. Mit einem Gefälligkeitsattest, wie (vermutlich) vorliegend, werden Sie bei Gericht im Falle einer Auseinandersetzung nicht gehört werden.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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