Grundstücksverkauf in einer Erbengemeinschaft

Online-Rechtsberatung
Stand: 17.06.2012
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Vor ein paar Wochen verstarb mein Vater, er hinterließ mir, meiner Schwester und meiner Mutter ein größeres Grundstück. Davon sollten ca. 800 qm verkauft werden, um die Schulden die durch den Heimaufnethalt meiner Mutter entstanden sind zu tilgen. Jetzt bekommt sie Witwenrente. Es verbleiben noch ca. 549 qm. Der Vertrag war schon fertig, wurde aber nicht mehr unterschrieben. Ich möchte, da ich nun auch als Betreuerin für meine Mutter eingesetzt ist bin, die Erbschaftsangelegenheit wurde einem ergänzenden Betreuer übertragen, versuchen, die 650 qm, die meine Mutters Eigentum sind (es wird ja nur die Hälfte vererbt) und ihren Erbanteil, der beträgt ca. 160 qm zusammenlegen (oder übertragen ). Oder eine andere Variante wäre Mamas Besitz und Mamas Erbanteil "zusammzulegen", sodaß das 800qm Grundstück verkauft werden könnte, ohne daß meine Schwester zustimmen müßte und somit auf die verbliebenden 500qm verwiesen werden könnte. Wie kann ich das machen? Welche Rechtsgrundlage gibt es dafür?

Antwort des Anwalts

Sehr geehrte Mandantin,

leider beruhen Ihre Annahmen auf einer Fehlinterpretation des deutschen Erbrechts. Bei Eintritt des Erbfalls geht das Erbe nicht in Bruchteilen an die einzelnen Erben über, sondern die Erben bilden eine Erbengemeinschaft. Es erbt also beispielsweise nicht jeder Erbe ein Viertel Grundstück, ein Viertel Auto, ein Viertel des Kontostandes und ein Viertel der Münzsammlung. Vielmehr ist es so, dass alle diese Dinge gemeinsam in das Eigentum der Erbengemeinschaft übergehen (§ 2032 BGB).

Die vererbten Gegenstände verbleiben im Eigentum der Erbengemeinschaft bis diese aufgelöst wird. Das nennt man Erbauseinandersetzung. Dazu wird ein Teilungsplan erstellt und das Erbe entsprechend den jeweiligen Erbteilen aufgeteilt. So erhält am Ende der Erbauseindersetzung vielleicht ein Erbe das Grundstück, ein anderer das Auto, der Dritte die Münzsammlung und einen Geldausgleich und der letzte Bargeld. Über einzelne Teile am Nachlass kann der einzelne Miterbe vor der Auseinandersetzung nicht verfügen.

Bis zur Durchführung der Erbauseinandersetzung verwalten die Mitglieder Erbengemeinschaft das Erbe gemeinschaftlich (§ 2038 BGB). Besteht keine Einigkeit unter den Miterben wird nach dem Mehrheitsprinzip entschieden wobei die Höhe der einzelnen Erbanteile maßgebend ist.

Soweit die kurze Einführung in das Erbrecht.

Weiter eine kurze Einführung in das Grundstücksrecht: Gehört ein Grundstück mehreren Personen, so liegt eine Bruchteilsgemeinschaft vor. Auch in diesem Fall gibt es nur einen ideellen Anteil am gesamten Grundstück und kein in der Natur sichtbares Teilstück. Ist also jemand Miteigentümer am Grundstück zu 1/2, so kann er nicht hingehen und sagen die rechte oder linke Hälfte, der nördliche oder südliche Teil sind meins... Damit gibt es kein Grundstück in Größe von 650 qm Ihrer Mutter, wenn diese nicht bereits vor dem Tode des Vaters Alleineigentümerin dieses Grundstückes war.

Für die weitere Beantwortung Ihrer Frage ist nun maßgeblich, ob das zu veräußernde Grundstück allein im Eigentum Ihres Vaters stand. Ist das der Fall, ist nun die Erbengemeinschaft alleiniger Eigentümer des Grundstücks. Entscheiden können Ihre Mutter, die zur Hälfte geerbt hat (falls kein Testament und gesetzlicher Güterstand) sowie Sie und Ihre Schwester je zu 1/4. Falls ein Testament vorliegt, gilt natürlich die dort getroffene Regelung. Für einen Mehrheitsbeschluss zur Veräußerung des Grundstücks benötigt Ihre Mutter danach also entweder Ihre Zustimmung oder die der Schwester.

Gehörte das Grundstück Vater und Mutter gemeinschaftlich je zur Hälfte, entsteht im Erbfall eine neue Grundstücksgesellschaft, die sich zusammensetzt aus Ihrer Mutter und der Erbengemeinschaft. Für einen Verkauf bedarf auch in diesem Fall die Mutter der Zustimmung der Erbengemeinschaft, die sie nur erhält, wenn Sie oder Ihre Schwester zustimmen.

Im Ergebnis bedeutet dieses, dass Sie gemeinsam mit Ihrer Mutter in der Lage sind, eine entsprechende Grundstücksaufteilung vorzunehmen. Ihre Schwester müssen Sie zwar an der Entscheidungsfindung beteiligen, können sie aber überstimmen.

Da die rechtlichen Regelungen für die Erbengemeinschaft und ihre Verwaltung nicht ganz einfach sind und erfahrungsgemäß ein erhebliches Konfliktpotential unter den Erben erzeugt, empfiehlt es sich die Erbengemeinschaft baldmöglichst durch Aufteilung zu beenden. Sollte dieses nicht einvernehmlich möglich sein, empfiehlt sich die Zuziehung eines rechtskundigen neutralen Dritten (z.B: Rechtsanwalt) um eine einvernehmliche Lösung zu erreichen. Sinnvoll erscheint mir zunächst ein gemeinsames Gespräch mit dem Betreuer Ihrer Mutter und Ihrer Schwester um das weitere Vorgehen abzustimmen.

Leider kann ich Ihnen damit nicht die erhoffte einfache Lösung bieten. Aber ich habe versucht Ihnen einen Überblick über die Rechtslage zu geben, der es Ihnen ermöglicht, die nächsten Schritte zu gehen.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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