Wer haftet bei Unfällen auf unterstreuten Hauszugängen?

Online-Rechtsberatung
Stand: 13.12.2017
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Unfall auf dem Weg zur Arbeit
Verletzung der Streupflicht von Zuwegungen zu Häusern.
Um 07:15 Uhr trat meine Schwester (Flugbegleiterin) am Samstag, den 30.01.10, den Weg zu ihrem Einsatz an. Um zu ihrem Einsatzort (Frankfurter Flughafen) zu gelangen, hatte sie sich zu diesem Zeitpunkt ein Taxi bestellt. Auf dem Weg von der Haustür (ein Mehrparteienhaus) zur Straße rutschte sie auf der nicht gestreuten, leicht abhängigen Hauszuwegung aus. Da sie ihren Trolley (Alukoffer) hinter sich herzog, fiel sie hinterrücks auf ihr Gepäck und zog sich eine Rippenfraktur zu. Aufgrund der starken Schmerzen suchte sie mittels des Taxifahrers das nächste Krankenhaus auf und wurde dort ambulant versorgt. Das Krankenhauspersonal nahm den Sturz als Unfall auf dem Weg zur Arbeit auf. Eine für heute angesetzte zusätzliche Untersuchung soll weitere Folgeschäden ausschließen. Meine Schwester wird voraussichtlich für 3-6 Wochen nicht einsatzfähig sein. Flexible Gehaltsbestandteile aufgrund ihrer ausschließlichen Auslandseinsätze werden für diesen Zeitraum wegfallen. Wie sieht es hier mit einem Ausgleichsanspruch gegen wen (Hauseigentümergemeinschaft oder dergl.) auch immer aus? Wie kann die Forderung eines Schmerzensgeldes verfolgt werden?

Antwort des Anwalts

Sehr geehrte Mandantin,

ob eine Durchsetzung von Ansprüchen ratsam bzw. erfolgreich ist, hängt im Wesentlichen von den folgenden 3 Detailfragen ab:

  1. Wer Muss haften?

  2. Haftung dem Grunde nach

  3. Haftung der Höhe nach

Ich werde die Detailfragen nachstehend zusammenhängend erörtern.

Bei Gehwegen trifft die Räum- und Streupflichten in der Regel die Eigentümer der Anliegergrundstücke; denn die meisten Gemeinden haben von Ihrem Recht Gebrauch gemacht, Ihre eigene Räum- und Streupflicht durch Gemeindesatzung auf die Anlieger zu übertragen. Wird nicht oder nur ungenügend geräumt und gestreut und kommt es zu Stürzen, so hat der Streupflichtige für den dadurch entstehenden Schaden aufzukommen. Kommt ein Fußgänger zu Schaden, oder wie in Ihrem Fall, Sie auf dem Weg zur Arbeit, haftet er für Arzt- und Krankenhauskosten sowie für Verdienstausfall und Schmerzensgeld.

Hier ist zunächst davon auszugehen, dass der Eigentümer/Vermieter des betroffenen Anwesens eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat, die derartige Fälle übernimmt. Selbst aber wenn nicht, ist in erster Linie der Eigentümer/Vermieter verantwortlich. Der Hauseigentümer kann die Räum- und Streupflicht auf die Mieter abwälzen. Dies geschieht in der Praxis häufig. Ich gehe allerdings davon aus, dass Sie eine solche vertragliche Verpflichtung nicht übernommen haben. Die Übertragung muss in jedem Fall vertraglich festgelegt werden. Dies kann im Mietvertrag geschehen, wobei eine Festschreibung in der Hausordnung jedoch nicht genügt. Es ist nämlich durchaus möglich, dass der Eigentümer/Vermieter ein Unternehmen mit der Durchführung des Winterdienstes beauftragt hat, dieses Unternehmen zunächst bezahlt und die entstandenen Kosten dann im Rahmen der Betriebskostenabrechnung auf die Mieter abwälzt. Wählt der Vermieter die erste Variante und überträgt er die Räum- und Streupflicht auf den Mieter, ist er dennoch überwachungspflichtig, ob der Mieter seine Pflichten ordnungsgemäß wahrnimmt.

Auch im Rahmen Ihres bestehenden Arbeitsverhältnisses sind Sie über Ihren Arbeitgeber versichert (Berufsgenossenschaft).

Zusammenfassend haben Sie also folgende mögliche Ansprechpartner für die Geltendmachung Ihres Schadens: 1. Eigentümer/Vermieter, 2. Haftpflichtversicherung des Eigentümers und 3. Arbeitgeber/Berufsgenossenschaft

Ansatzpunkt und erster Ansprechpartner kann und muss hier zunächst der Eigentümer/Vermieter sein. Diesem dürfte es relativ leicht fallen, genauere Angaben darüber zu machen, ob er eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat oder die Streupflicht auf den Mieter übertragen hat. Vermutlich sind Sie selbst Mieter und von daher informiert.

Ihr Arbeitgeber bzw. die Berufsgenossenschaft haftet hier nur subsidiär aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis heraus. Ggf. nimmt die BG Regress beim verantwortlichen Hauseigentümer/Vermieter.

Im Übrigen sollte der Eigentümer/Vermieter darauf aufmerksam gemacht werden, dass der Verantwortliche sich ggf. einer fahrlässigen Körperverletzung strafbar gemacht hat. Diese wäre auf einen Strafantrag Ihrerseits zu verfolgen. Ich gehe davon aus, dass Sie derzeit derartige Schritte noch nicht eingeleitet haben. Dies kann jedoch als Druckmittel eingesetzt werden, so lange Sie hier von allen Seiten vertröstet werden und sozusagen zwischen allen Stühlen stehen.

Wesentliche Voraussetzung und unabhängig davon, wer letztlich haftet, ist die Frage der Haftung dem Grunde nach. Es muss also dem Verantwortlichen eine Verletzung der Streupflicht nachgewiesen werden.

Es kann wohl davon ausgegangen werden, dass dies keine weiteren Schwierigkeiten verursachen wird, da Sie erheblich verletzt waren und eventuell Zeugen vorhanden sind, die die seinerzeit vorhandene Glätte sowie das mangelhafte Streuen bezeugen können. In Betracht kann dabei auch der Taxifahrer kommen, der unmittelbar nach dem Sturz vor Ort war.

Die Höhe des geltend zu machenden Schadens richtet sich nach mehreren Kriterien. Zu unterscheiden ist der materielle vom immateriellen Schaden. Insofern wäre es wichtig, wenn Sie sämtlich Belege und Rechnungen, die Sie im Zusammenhang mit dem Sturz, der Verletzung und der nachfolgenden Heilbehandlung hatten, aufheben, damit die durch das Schadensereignis entstandenen und verursachten Kosten dokumentiert werden und dann geltend gemacht werden können.
Das Schmerzensgeldes hängt von verschiedenen Faktoren und Indikatoren ab. So kommt es darauf an, ob Sie sich einer oder mehrerer Operationen unterziehen mussten. Ferner wie lange die Heilbehandlung andauerte bzw. noch andauert. Letztlich kommt es auch darauf an. ob die Folgen vollständig abheilen oder Dauerschäden verbleiben.

Da Sie hier keine näheren Angaben machen und evtl. auch noch nicht machen können, kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht zur Höhe eines Schmerzensgeldes Stellung genommen werden Unabhängig davon kommt es jedoch derzeit darauf an, die Haftung dem Grunde nach anzumelden und einen Ersatzpflichtigen zu finden. Sobald nämlich ein Verantwortlicher festgestellt ist und eine Haftung dem Grunde nach unstreitig ist, können die Ansprüche nicht verjähren. Gerade bei Körperverletzungen mit längerer Genesungszeit lässt sich die Höhe des Schmerzensgeldes naturgemäß erst nach Abschluss der Behandlungen benennen. Bis dahin behilft sich die Praxis mit Abschlagszahlungen, damit das Verletzungsopfer bereits während der Genesungsphase eine Entschädigung erhält. Ansprechpartner für den Schmerzendgeldanspruch ist nicht die BG, sondern der Verletzer (s.o.).

Hier muss also zunächst angesetzt werden. Eine gerichtliche Auseinandersetzung bzw. Klage kommt natürlich erst dann in Betracht, wenn die Verantwortlichen eine Haftung bereits dem Grunde nach ablehnen. Derzeit sollten Ihre Ansprüche jedoch noch außergerichtlich angemeldet werden.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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