Umzug des Kindes und die Problematik des Aufenthaltsbestimmungsrechts

Online-Rechtsberatung
Stand: 01.06.2012
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Meine Frau mit zwei Kinder geb. 15.03.1994 und 17.07.1997 alle Deutsche Staatsangehörigkeit und ich Schweizer zur Zeit noch wohnhaft in Deutschland, haben unseren Umzug auf Ende Februar geplant und alles schon in die Wege geleitet. Meine Frau und ihr Ex-Ehemann haben das geteilte Sorgerecht. Ich arbeite seit dem 01.11.2009 wieder in der Schweiz und pendle am WE. Diesen Schritt haben wir mit den Kindern besprochen und die Bedingung war, dass alle einverstanden sind. Nach mehrmaligen Rückfragen innerhalb von ca. 4 Monaten, ob sie das wirklich wollen kam immer ein deutliches ja. Der ältere war im Okt. letzten Jahres in einem CH Betrieb in der Schnupperlehre und hat die Lehrstelle auf Mitte 2010 auch erhalten und zugesagt. Nun kommt der ältere am letzten Donnerstag und sagt knallhart: Ich komme nicht mit in die Schweiz, ich ziehe zu meinem Vater. Ich habe keinen Bock mehr auf euch und die Schweiz.
Sein Vater lebt in einem Abfallhaufen und ist auch ständig unterwegs, beruflich und privat. Zugleich hat er aber auch sein Einverständnis zum Umzug gegeben und doch haben wir das Gefühl das er seine Jungs auf geschickte Art und Weise manipuliert. Er hat auch schon mit dem Jugendamt mehrmals telefoniert.
Welche rechtliche Mittel haben meine Frau und ich damit der junge Kerl doch mit uns geht und seine Lehre macht? Seine momentanen schulischen Leistungen sind zum heulen (Notenspiegel vom 15.01.2010 Durchschnitt 4,75) und dennoch hat er das Gefühl das er hier den Schulabschluss macht und eine Lehrstelle findet. Sein Vater unterstützt ihn in seinem Tun.

Antwort des Anwalts

Sehr geehrter Mandant,

Ihre Frau hat das Sorgerecht für den noch minderjährigen älteren Sohn und darf nach §§ 1626, 1631 BGB über seinen Aufenthalt bestimmen. Da beide Eltern das Sorgerecht teilen und das Aufenthaltsbestimmungsrecht keinem der Eltern zur alleinigen Ausübung vom Gericht übertragen wurde, dürfen beide Eltern über den Aufenthalt des Kindes Entscheidungen treffen. Allerdings ist zu beachten, dass der Sohn wohl seinen gewöhnlichen dauerhaften Aufenthalt bis jetzt bei der Mutter hatte und der Vater damit einverstanden war. In so einem Fall wird anerkannt, dass die Mutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht alleine ausübt. Wenn sie das Kind ins Ausland verbringen will, braucht sie allerdings Zustimmung des Vaters. Da in Ihrem Fall der Vater die Zustimmung schon erteilt hat, ist die Mutter berechtigt, den Sohn ohne weitere Rechtshandlungen mitzunehmen. Rein rechtlich darf Ihre Frau über den Aufenthalt des Sohnes bestimmen, ohne ein gerichtliches oder behördliches Verfahren durchführen zu müssen. Hier ist das Problem tatsächlicher Art: Wie kann Ihre Frau den Sohn zum Umzug tatsächlich zwingen? Da sie keine Gewalt anwenden darf, kann sie ihr Aufenthaltsbestimmungsrecht nur durch Überzeugung des Sohnes durchsetzen.
Wenn Überzeugungsversuche scheitern und der Sohn sich endgültig weigert, in die Schweiz mitzukommen, zu seinem Vater umzieht oder sich auf den Umzug ernsthaft vorbereitet und der Vater das unterstützt, dann kann Ihre Frau beim Amtsgericht ?Familiengericht- am Wohnort des Kindes (jetzt noch bei Ihnen) einen Antrag auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts stellen. In diesem Verfahren wird das Jugendamt mit der Beurteilung der Sachlage beauftragt. Der zuständige Sachbearbeiter des Jugendamtes wird sich die Wohnverhältnisse bei Ihnen und beim Vater anschauen, mit beiden Eltern sowie mit dem Sohn reden, die Ausbildungsmöglichkeiten in Deutschland und in der Schweiz beurteilen und nach dem Grundsatz ?Kindeswohl? entscheiden, bei wem das Kind am besten verbleiben soll (beim Vater in Deutschland oder bei der Mutter in der Schweiz). Es wird auch die Tatsache berücksichtigt, dass das Kind im Ausland sich anderen Lebensumständen anpassen muss, was für ihn eine besondere Herausforderung darstellen kann. Es ist empfehlenswert, dass Sie und Ihre Frau beim Gespräch mit dem Sachbearbeiter des Jugendamtes alle Vorteile des Aufenthaltes in der Schweiz für den Sohn darlegen. Eine große Rolle spielen auch die familiären Verhältnisse. Zu Ihren Gunsten spricht die Tatsache, dass der jüngste Sohn mit Ihnen mitgeht, so dass die familiären Bindungen erhalten bleiben.
Da der ältere Sohn bereist 15 Jahre alt ist, wird seine Meinung gefragt und besonders berücksichtigt. Der Mitarbeiter des Jugendamtes verfasst dann seine Stellungnahme und schickt ans Gericht. Danach wird eine Gerichtsverhandlung anberaumt, an der beide Eltern und der Sohn teilnehmen. In der Regel wird der Richter den Sohn in Abwesenheit der Eltern anhören und dann seine Ausführungen den Eltern mitteilen. Danach wird versucht, eine gemeinsame Lösung zu finden. Falls keine Einigung erzielt wird, entscheidet der Richter nach seiner Überzeugung.
Dieses gerichtliche Verfahren können Sie auch vor dem Umzug in die Schweiz einleiten, um die Klarheit zu schaffen. Falls Sie eine dringende Entscheidung benötigen, können Sie beim gleichen Gericht beantragen, eine einstweilige Verfügung zu erlassen.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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