Vermieter springt in letzter Sekunde ab und die alte Wohnung ist schon gekündigt

Online-Rechtsberatung von Rechtsanwalt Michael Zemann
Stand: 05.09.2009
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Wir haben eine Hausbesichtigung vorgenommen. Mit der Hausbesitzerin waren wir recht schnell einig, dass wir das Haus mieten wollen. Sie sagte uns per Mail zu und teilte einen Termin zur Besprechung der Einzelheiten. Sie hat uns als neue Mieter begrüßt. Der vorgefertigte Mietvertrag wurde uns übergeben mit der Aussage, uns zu melden, wenn wir mit allen Punkten einverstanden sind. Alles wurde besprochen und der Umzugstermin vereinbart. Am nächsten Tag rief der Ehemann der gleichzeitig der Vermieter sein sollte an und sagte ab mit der Begründung, er hätte sich das nochmals überlegt und sich gegen uns entschieden.

Durch die in unseren Augen verbindliche Zusage der Ehefrau per Mail hatten wir natürlich unsere jetzige Wohnung gekündigt um die Dreimonatsfrist einhalten zu können.
Nun stehen wir da und haben keine Wohnung. Was kann in diesem Fall unternommen werden.

Antwort des Anwalts

Zunächst ist es sicher bedauerlich, dass sich die Vermieterseite Ihnen gegenüber derart verhalten hat, wenn letztlich alles schon vor Ort besprochen war und Sie sogar die Kündigung Ihrer jetzigen Wohnung ausgesprochen haben.

Sicher sollte auch aus reiner Vorsorge und um den jetzt bestehenden Zeitdruck infolge der ausgesprochenen Kündigung zu vermeiden oder abzuschwächen versucht werden, die Kündigung zurückzunehmen oder den Termin zumindest zu verschieben. Vielleicht ist Ihr jetziger Vermieter in diesem Punkt noch gesprächsbereit.

Bei juristischer Bewertung ist in Ihrem Fall in Bezug auf das Haus ein wirksamer Wohnraummietvertrag noch nicht zustande gekommen, auch wenn bereits alles einschließlich eines Umzugstermins vorbesprochen wurde und die Ehefrau des Vermieters Sie als neue Mieter begrüßt hat. Zwar kann nach § 550 BGB ein Mietvertrag auch mündlich geschlossen werden; wenn er für nicht mehr als ein Jahr abgeschlossen werden soll; Hiervon dürfte wohl nicht auszugehen sein, zumal Ihnen ein vorgefertigtes Mietvertragsformular übergeben wurde, dass Sie noch überprüfen und sich hiernach wieder melden sollten. In der Regel erfolgt eine Vermietung in einem Formularmietvertrag durch den Vermieter auf unbestimmte Zeit, so dass die Schriftform einzuhalten ist. So ist das Zustandekommen eines Mietvertrages zu verneinen, wenn die Vertragsparteien einen Vertrag auf längere Zeit als ein Jahr abschließen wollen und dann die Schriftform nicht einhalten (so etwa OLG Düsseldorf ZMR 1988, 54).

Allerdings ist die weitere Überlegung anzustellen, ob nicht ein wirksamer Vorvertrag geschlossen wurde, der den Vermieter zum Abschluss eines Mietvertrages verpflichtet. Grundsätzlich kann ein Vermieter auch auf Abschluss eines Mietvertrages in Anspruch genommen und sogar verklagt werden (so BGH NJW 2006, 2843), wenn nach Bewertung aller Fakten von einem verbindlichen Vorvertrag ausgegangen werden muss. Die von Ihnen geschilderten Umstände deuten darauf hin, dass eine erforderliche Verbindlichkeit der vorvertraglichen, mietvertraglichen Vereinbarung vorliegt. So ist alles vorbesprochen worden mit der Ehefrau des Hausbesitzers. Meiner Ansicht nach muss sich der Hausbesitzer das Verhalten seiner Ehefrau als Verhandlungsgehilfin hier zurechnen lassen und kann sich nicht damit herausreden, dass nicht er selbst die Besprechungen durchgeführt hat. Es wurde ein Umzugstermin vereinbart und sogar ein Mietvertragsformular übergeben.

Auch wenn eine Klage rechtlich möglich ist, ist demgegenüber natürlich zu bedenken, dass ein solches Klageverfahren regelmäßig zu lange dauert und Ihnen keinen kurzfristigen Erfolg bringen würde. Ein erstrittenes (rechtskräftiges) Urteil würde die Zustimmung des Vermieters lediglich ersetzen, § 894 ZPO. Ein einstweiliges Verfügungsverfahren zur Sicherung eines Besitzüberlassungsanspruchs an dem Haus ist rechtlich nicht möglich (so etwa OLG Celle, Beschluss vom 29.9.2009, 2 W 199/08). Selbst im Falle einer Doppelvermietung lässt die herrschende Rechtsprechung ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren nicht zu, weil mit einer einstweiligen Anordnung in Zusammenhang mit einem Mietverhältnis die Hauptsache vorweggenommen würde, was gesetzlich nicht zulässig ist (so etwa OLG Koblenz ZMR 2008, 50; KG ZMR 2007, 614; OLG Hamm NJW-RR 2004, 521).

Lässt sich der Hausbesitzer nicht mehr umstimmen und vermietet anderweitig - dies ist eine letztlich realistische Variante - bleibt nur die Ebene des Schadensersatzes, und zwar im Sinne eines Vertrauensschadens. Auch durch Vertragsverhandlungen wird ein Schuldverhältnis begründet, das bei einer Pflichtverletzung dann zu einer Schadensersatzverpflichtung führen kann, wenn der Gegner ohne triftigen Grund von einem quasi sicheren Vertragsabschluss doch noch Abstand nimmt, was sich aus §§ 311 Abs., 241 Abs.2 BGB herleiten lässt. Ein triftiger Grund darf keine sachfremden Erwägungen enthalten. Da jedoch noch kein Vertragsverhältnis besteht, sind an das Vorliegen eines triftigen Grundes für eine Absage keine zu hohen Anforderungen zu stellen. So kann etwa das günstigere Angebot eines anderen Interessenten für einen triftigen Grund ausreichend sein. Es wäre daher von Interesse zu erfahren, warum der Hausbesitzer von einer Vermietung Abstand genommen hat. Nach der Beweisregel des § 280 Abs.1 Satz 2 BGB müsste sich meiner Auffassung nach aber hier der Hausbesitzer als Anspruchsgegner entlasten. Es gilt also zunächst die Vermutung, dass ohne triftigen Grund abgesagt wurde.

Als Vertrauensschaden kommen etwa nutzlose Aufwendungen in Betracht, die im Vertrauen auf einen sicher geglaubten Abschluss des Mietvertrages getätigt wurden. Auch ist denkbar, dass finanzielle Nachteile auszugleichen sind, die etwa im Zusammenhang mit der von Ihnen bereits ausgesprochenen Kündigung Ihrer jetzigen Wohnung entstehen.

Insoweit empfehle Ihnen abschließend auch, anwaltlichen Beistand zu Hilfe zu nehmen, der dann den Sachverhalt nochmals im Detail und auch im Hinblick auf einzelne Schadenspositionen überprüfen und ggfls. bestehende Schadensersatzforderungen zunächst außergerichtlich geltend machen kann.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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