Ehe annullieren: Voraussetzungen, Fristen und Kosten

Wer sich zu voreilig das Ja-Wort gibt und es sich dann doch anders überlegt, stellt sich oft die Frage: Kann die Ehe nicht einfach annulliert werden, um eine kostspielige und langwierige Scheidung zu umgehen? Immerhin halten sich Gerüchte hartnäckig, dass eine Ehe nach einem bestimmten Zeitraum wie 14 Tagen oder einem Monat einfach wieder aufgelöst werden kann. Ganz so einfach ist das jedoch nicht, denn das Grundgesetz erachtet die Ehe als besonders schützenswertes Gut. Nicht umsonst spricht man auch vom „Bund fürs Leben“. In einigen Fällen ist die Annullierung der Ehe – oder juristisch korrekt: die Aufhebung der Ehe – dennoch möglich. Unter welchen Voraussetzungen Sie Ihre Ehe annullieren lassen können, welche Fristen Sie dabei beachten müssen und was die Vorteile gegenüber der regulären Scheidung sind, erfahren Sie hier.

Autor:  Redaktion DAHAG Rechtsservices AG.

Voraussetzungen: Wann kann ich eine Ehe annullieren?

Eigentlich wird die Ehe fürs Leben geschlossen. Um zerstrittenen Paaren dennoch einen Ausweg zu bieten, sieht das Gesetz die Scheidung vor. Bei dieser muss das Paar zuvor jedoch beweisen, dass die Ehe wirklich nicht mehr zu retten ist. Wer sich scheiden lassen will, muss daher das sogenannte Trennungsjahr absolvieren. Danach müssen meist noch Folgesachen wie Gütertrennung, Unterhalt und Sorgerecht geklärt werden. Aus diesen Gründen ist eine Scheidung nicht nur kostspielig, sondern auch sehr zeitintensiv.

In besonderen Härtefällen greift als Alternative § 1314 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Dieser erlaubt verheirateten Paaren unter gewissen Umständen die Aufhebung der Ehe, umgangssprachlich auch als Annullierung der Ehe bezeichnet. Prinzipiell kann eine Ehe dann aufgehoben werden, wenn die Ehefähigkeit zum Zeitpunkt der Eheschließung nicht gegeben war. Das ist der Fall, wenn…

  • …ein Ehepartner nicht volljährig war.
  • …ein Ehepartner nicht geschäftsfähig war (Beispiel: dauerhafte Geistesstörung wie Demenz, Alzheimer oder schwere Depression).
  • …ein Ehepartner sich in einer bestehenden Ehe oder eingetragenen Lebenspartnerschaft befunden hat (Verbot der sogenannten Doppel- oder Vielehe).
  • …die beiden Ehepartner in direkter Linie verwandt sind (Beispiele: Vater – Tochter, Onkel – Nichte, Bruder – Schwester, Mutter – Adoptivsohn).
  • …die Erklärung zur Schließung der Ehe nicht persönlich abgegeben wurde (Beispiel: Der Bräutigam war verkatert und hat aus Furcht vor dem Zorn der Braut seinen Zwillingsbruder als Stellvertreter zum Standesamt geschickt.)

In der Regel kommen diese Fälle nur sehr selten vor. Immerhin sind Standesbeamte dazu verpflichtet, die Ehefähigkeit beider Ehepartner vorher genauestens unter die Lupe zu nehmen.

Weitaus häufiger – wenngleich noch immer eher selten – führen nachträgliche Gründe dazu, dass ein Ehepartner die Ehe annullieren lassen möchte. Obwohl die Ehefähigkeit gegeben war, kann eine Ehe aufgehoben werden, wenn…

  • …ein Ehepartner zum Zeitpunkt der Eheschließung bewusstlos oder vorübergehend nicht zurechnungsfähig war (Beispiel: Einfluss von Drogen).
  • …ein Ehepartner sich nicht darüber bewusst war, eine Ehe einzugehen (Beispiel: Sprachbarrieren).
  • …die Ehe widerrechtlich durch Drohung erzwungen wurde (sogenannte Zwangsehe).
  • …beide Eheleute nicht vorhatten, ihren ehelichen Pflichten nachzukommen und die Ehe nur zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks geschlossen haben (sogenannte Scheinehe).
  • …eine arglistige Täuschung vorlag und ein Ehepartner die Ehe nicht eingegangen wäre, hätte er von den tatsächlichen Umständen gewusst (Beispiel: Verschweigen einer früheren Ehe, ansteckender Krankheiten oder Impotenz bei starkem Kinderwunsch des Gegenübers).

Gut zu wissen: Um Heiratsschwindel zu unterbinden, ist die Eheannullierung aufgrund von arglistiger Täuschung ausgeschlossen, wenn die Täuschung mit finanziellen Dingen zu tun hat. Hat Ihre Verlobte Ihnen also vergegaukelt, eine reiche Erbin zu sein, bleibt Ihnen nur die reguläre Scheidung. Ebenso verhält es sich übrigens bei verschwiegenen Insolvenzen: Sind Sie davon ausgegangen, dass Ihr Verlobter als Unternehmer gut dasteht, können Sie die Ehe nicht annullieren lassen, wenn Sie im Nachhinein von der Pleite seiner Firma erfahren.

Wichtig: Auch eine Ehe, die Sie eigentlich gar nicht schließen hätten dürfen, ist rechtskräftig. Nehmen wir an, Sie sind eine Scheinehe eingegangen, um einem guten Freund ohne Aufenthaltsgenehmigung einen Gefallen zu tun. Wenig später stoßen Sie dann auf die Liebe Ihres Lebens und Ihr neuer Partner macht Ihnen auch direkt einen Antrag. Sie können jetzt nicht einfach heiraten und davon ausgehen, dass die Scheinehe sowieso nie wirksam war. Ihre erste Ehe wurde rechtskräftig geschlossen. In diesem Fall würden Sie sogar doppelt in der Patsche stecken: Sie können Ihre große Liebe nicht direkt heiraten und strafbar haben Sie sich auch noch gemacht.

Ablauf: Wie wird eine Ehe annulliert?

Wenn einer der oben genannten Gründe vorliegt, sollten Sie es sich dennoch gut überlegen, ob Sie Ihre Ehe aufheben lassen wollen oder ob Sie sich nicht doch für die reguläre Scheidung entscheiden. Die Beweispflicht liegt nämlich bei Ihnen und oft ist es nachträglich schwierig, glaubhaft darzulegen, dass eine Ehe erzwungen wurde oder dass Ihr Ehepartner Sie arglistig getäuscht hat.

Möchten Sie Ihr Vorhaben dennoch in die Tat umsetzen, müssen Sie einen Antrag beim Familiengericht stellen. Dabei herrscht Anwaltszwang, was bedeutet, dass Sie um Kosten auch bei diesem Verfahren nicht herumkommen.

Befähigt zur Antragsstellung sind grundsätzlich betroffene Eheleute, doch auch Dritte können die Eheaufhebung verlangen. Haben Sie beispielsweise geheiratet, obwohl Sie zu diesem Zeitpunkt noch verheiratet waren, kann auch Ihr Ex-Partner den Antrag stellen. Liegt eine Scheinehe oder eine Hochzeit mit einem Partner unter 16 Jahre vor, sind auch die Ausländerbehörde und die zuständige Verwaltungsbehörde dazu berechtigt.

Das Familiengericht wird Ihren Antrag im Anschluss prüfen und entscheiden, ob die Ehe annulliert werden kann.

Fristen: Wie lange kann eine Ehe annulliert werden?

Möchten Sie Ihre Ehe annullieren lassen, müssen Sie gewisse Fristen einhalten. Eine pauschale Deadline gibt es jedoch nicht, da die Frist immer vom Grund für die Annullierung abhängt.

Bei einem Irrtum oder einer Täuschung gilt, dass der Antrag ab Kenntnisnahme ein Jahr lang gestellt werden kann. Wurden Sie bedroht und so zur Eheschließung gezwungen, können Sie den Antrag bis zu drei Jahre nach Ende Ihrer Zwangslage einreichen.

Für die übrigen Gründe sieht das Bürgerliche Gesetzbuch keine expliziten Fristen vor. Wie bereits erwähnt, sollten Sie sich aber sicher sein, dass Ihr Grund valide ist und dass der zeitliche Abstand zwischen Eheschließung und Antragsstellung noch im Rahmen ist. Hilfe von einem Experten ist hier unumgänglich: Mithilfe der telefonischen Rechtsberatung über die Deutsche Anwaltshotline können Sie an 365 Tagen im Jahr und ganz ohne Termin direkt mit einem erfahrenen Anwalt sprechen. Schildern Sie dem Kooperationsanwalt unter 0900-1 875 003 295* einfach Ihren Fall und schon erhalten Sie eine günstige Ersteinschätzung. Alternativ können Sie auch die Online-Beratung per E-Mail nutzen. Selbstverständlich behandelt der Anwalt Ihre Daten vertraulich, egal ob Sie sich für die telefonische oder die schriftliche Erstberatung entscheiden.

Scheidung oder Ehe annullieren: Was ist besser?

Liegen triftige Gründe vor, die Sie auf dem Papier zur Aufhebung Ihrer Ehe berechtigen, sollten Sie dennoch auch eine Scheidung ins Auge fassen. Immerhin handelt es sich bei der Eheannullierung lediglich um eine Art „Scheidung light“, die ebenfalls mit hohen Kosten eingehergehen kann. Ganz so einfach, wie viele Menschen sich das vorstellen, ist das Vorgehen nicht.

Sie müssen nämlich bedenken, dass Sie durch die Eheannullierung zwar von heute auf morgen wieder unverheiratet sein können, doch hat das Verfahren keinerlei Auswirkungen auf die Vergangenheit. Das bedeutet, dass in der Regel auch gewisse Folgesachen geregelt werden müssen: Gibt es gemeinsame Kinder, muss bei einer Aufhebung wie auch bei der Scheidung über das Sorgerecht bestimmt werden. Auch nacheheliche Unterhaltsansprüche können sich ergeben, beispielsweise wenn Sie aufgrund einer arglistigen Täuschung geheiratet haben. Bei einem Scheidungsverfahren werden diese Aspekte direkt mitverhandelt. Bei der Annullierung müssen sie meist separat geltend gemacht werden – und auch das kostet Zeit und Geld.


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