Überstunden auszahlen lassen: So funktioniert der Überstundenausgleich

Deutsche Arbeitnehmer machen im Schnitt etwa fünf Überstunden pro Woche, wobei nicht mal die Hälfte davon vergütet wird. Dabei haben Sie in der Regel einen Anspruch auf Bezahlung Ihrer geleisteten Überstunden. Hier finden Sie alles Wichtige, was Sie über die Vergütung von Überstunden und über Alternativen zur Ausbezahlung wissen müssen!

Autor:  Redaktion DAHAG Rechtsservices AG.

Das Wichtigste im Überblick

Kann ich mir meine Überstunden auszahlen lassen?

Unter Überstunden ist die Zeit zu verstehen, die Sie mehr gearbeitet haben, als es in Ihrem Arbeitsvertrag vorgesehen ist. Daher sind Überstunden in der Regel extra zu vergüten.
Voraussetzung dafür ist, dass Ihr Arbeitgeber diese Überstunden verordnet hat oder zumindest von Ihnen weiß. Sie können nicht einfach länger arbeiten und danach eine höhere Bezahlung verlangen. Daher ist es wichtig, dass Ihre tatsächliche Arbeitszeit erfasst wird.

Gemäß § 612 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) besteht ein Anspruch auf die Auszahlung von Überstunden auch dann, wenn sich dazu keine Regelung im Arbeitsvertrag oder im Tarifvertrag befindet: „Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.“

„Überstunden sind mit dem Gehalt abgegolten“: Wirksam oder unwirksam?

Eine Klausel in den Arbeits-, Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung zu setzen, nach der pauschal alle geleisteten Überstunden mit dem Gehalt abgegolten und somit keine Überstunden zu entlohnen sind, ist nicht rechtens. Allerdings ist es möglich, eine bestimmte Anzahl an Überstunden mit dem monatlichen Gehalt abzugelten. Diese Stundenanzahl muss allerdings explizit im Vertrag genannt werden und sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer müssen sich damit durch die Unterschrift einverstanden erklären.

Beispiel:

  • „Mit der vorstehenden Vergütung sind erforderliche Überstunden des Arbeitnehmers mit abgegolten“ -> Diese Klausel ist unwirksam.
  • „Mit der vorstehenden Vergütung sind zwei Überstunden pro Woche/ acht Überstunden pro Monat des Arbeitnehmers mit abgegolten“ -> Diese Klausel ist wirksam.

Fehlt im Arbeitsvertrag eine rechtlich wirksame Überstundenklausel, muss Ihr Arbeitgeber Ihnen in der Regel alle Überstunden bezahlen oder anderweitig abgelten – zum Beispiel durch Freizeitausgleich.

Ausnahme:

Eine Klausel, mit der pauschal alle Überstunden mit dem Monatsgehalt abgegolten werden, kann tatsächlich wirksam sein.
Entscheidend ist dabei die sogenannte „objektive Vergütungserwartung“.
Von keiner objektiven Vergütungserwartung kann zum Beispiel oft bei Besserverdienen ausgegangen werden, die mit ihrem Jahresgehalt die Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung überschreiten. In Westdeutschland liegt diese Grenze bei 7.100 Euro brutto pro Monat, im Osten bei 6.700 Euro.
Auch Arbeitnehmer, die höherwertige Dienste verrichten, haben unter Umständen keinen Anspruch auf zusätzliche Bezahlung der Überstunden. Zu diesen gehören Fachkräfte mit einem überdurchschnittlichen Maß an Fachkenntnissen, Kunstfertigkeit oder wissenschaftlicher Bildung. Das sind zum Beispiel Architekten, Steuerberater, Rechtsanwälte oder auch Ärzte.

Achtung: Entscheidend ist die objektive Vergütungserwartung, nicht die Erwartung von Arbeitgeber oder Arbeitnehmer. Daher ist unter Umständen eine Einzelfallentscheidung notwendig.

Wie hoch werden Überstunden vergütet?

Falls keine andere Vereinbarung zur Überstundenvergütung im Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder in der Betriebsvereinbarung getroffen wurde, sind Überstunden mit dem normalen Stundenlohn zu vergüten. Auch diese Regelung finden Sie in § 612 BGB: „Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.“ Die Berechnung der Überstundenvergütung richtet sich daher danach, ob Sie nach Stunden bezahlt werden, oder ob sie ein festes monatliches Gehalt bekommen.

Wenn Sie nach Stunden bezahlt werden, wird Ihnen derselbe Stundenlohn auch für jede gemachte Überstunde bezahlt.

Wenn Sie ein festes monatliches Gehalt beziehen, müssen Sie zuerst Ihren Stundenlohn berechnen.

Mit dieser Formel können Sie ihren Stundenlohn einfach berechnen

Stundenlohn (brutto) = 3 x Ihr Monatslohn (brutto) ÷ 13 ÷ die Anzahl Ihrer wöchentlichen Arbeitsstunden

Beispiel: Sie verdienen 3.300 Euro monatlich für eine vertraglich geregelte Arbeitszeit von 40 Stunden pro Woche.

3 x 3.300 Euro ÷ 13 ÷ 40 = 19,03 Euro

Sie bekämen demnach einen Stundenlohn von 19 Euro. Für jede geleistete Überstunde müsste Ihr Arbeitgeber Ihnen also 19 Euro zusätzlich zum vertraglich festgelegten Monatslohn bezahlen.

Gut zu wissen: Wie lange gilt der Anspruch auf die Auszahlung der Überstunden?

Der Anspruch auf die Auszahlung der Überstunden erlischt in der Regel nach drei Jahren. Ihr Arbeitgeber kann aber eine Ausschlussklausel in den Arbeitsvertrag aufnehmen, durch die dieser Anspruch auf drei Monate verkürzt werden kann. Daher ist es immer wichtig zu wissen, welche individuellen Regelungen zum Thema Überstunden in Ihrem Vertag getroffen wurden.

Vorsicht: Wenn Sie sich Ihre Überstunden auszahlen lassen, steigt auch Ihr Jahresverdienst.Dadurch kann ein erhöhter Steuersatz für Sie anfallen.

Bekomme ich einen Überstundenzuschlag?

Einen Zuschlag für Überstunden, also eine prozentuale Erhöhung des Stundenlohns für die geleisteten Überstunden, gibt es in der Regel nicht. Nur, wenn im Arbeitsvertag oder im Tarifvertrag explizit ein Zuschlag für Überstunden festgesetzt ist oder eine betriebliche Übung vorliegt, bekommen Sie diesen auch. Darüber hinaus haben Sie kein Recht auf einen Überstundenzuschlag.

Gibt es einen Überstundenzuschlag, bewegt sich dieser meist zwischen 15 und 40 Prozent.

Entstehen Nachteile für mich, wenn ich mir meine Überstunden auszahlen lasse?

Es kann tatsächlich passieren, dass für Sie durch die Auszahlung Ihrer Überstunden ein Nachteil besteht. Die Vergütung von Überstunden ist weder steuerfrei, noch steuerbegünstigt. Sie wird steuerrechtlich als normaler Arbeitslohn angesehen (Die einzige Ausnahme davon sind Zuschläge für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags-, oder Nachtarbeit). Das bedeutet, dass durch die Ausbezahlung Ihrer Überstunden auch Ihr Jahresgehalt dementsprechend ansteigt und dadurch auch ein erhöhter Steuersatz für Sie anfallen kann. In diesem Fall ist es durchaus möglich, dass sie am Ende weniger Geld in der Tasche haben, als Sie es ohne den entgeltlichen Ausgleich Ihrer Überstunden gehabt hätten.

Welche Alternativen gibt es zur Auszahlung von Überstunden?

Auch wenn es auf den ersten Moment attraktiv klingt, sich die Überstunden auszahlen zu lassen, entstehen dadurch nicht immer finanzielle Vorteile. Aus diesem Grund lohnt es sich manchmal, sich die Alternativen zur Auszahlung der Überstunden durch den Kopf gehen zu lassen.

Freizeitausgleich

Eine Alternative zur Auszahlung der Überstunden ist, diese abzufeiern. Das bedeutet, dass die geleisteten Überstunden durch Freizeitausgleich abgegolten werden. Diese Möglichkeit besteht aber nur, wenn der Arbeitgeber sie sich zuvor im Arbeitsvertrag vorbehalten hat, oder wenn Sie als Arbeitnehmer im konkreten Einzelfall damit einverstanden sind. Hintergrund dessen ist, dass Sie einen Anspruch auf Beschäftigung haben und Ihr Chef Sie nicht einfach ohne Ihre Zustimmung freistellen kann. Je nachdem, wie viele Überstunden Sie aufgebaut haben, kann der Freizeitausgleich für Sie ein paar extra Urlaubstage bedeuten - Eine Möglichkeit, die Sie definitiv in Betracht ziehen sollten!

Lebensarbeitszeitkonto

Das Lebensarbeitszeitkonto ist wie eine Art Sparbuch oder Guthabenkonto für Arbeitsstunden zu verstehen. Sie können darauf geleistete Überstunden „einzahlen“, anstatt sie sich auszahlen zu lassen oder durch Freizeit auszugleichen. Für diese angesparte Arbeitszeit ist es dann möglich, ein Sabbatical zu machen, oder früher in den Ruhestand zu gehen. Der Vorteil gegenüber der Auszahlung ist, dass Zeit im Gegenzug zu Geld nicht versteuert wird und Sie jede geleistete Überstunde brutto für netto ansparen können. Ein Nachteil dieses Modelles ist, dass es bisher nur von einem geringen Prozentteil der Betriebe in Deutschland angeboten wird. Sie sollten aber definitiv bei Ihrem Arbeitgeber nachfragen, ob es in Ihrem Betrieb möglich ist, ein Lebensarbeitszeitkonto zu führen.

 


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