Fahrzeiten: Reise-, Ruhe-, oder Arbeitszeit?

Egal ob Sie morgens zur Arbeit oder während Ihres Arbeitstages zu einem Kunden fahren – viele Arbeitnehmer bleiben von erheblichen Fahrzeiten nicht verschont. Deswegen sorgt die Frage „Ist Fahrzeit gleich Arbeitszeit?“ nicht selten für Diskussionen zwischen Arbeitnehmern und dem Chef. Wir klären Sie darüber auf, welche Fahrzeiten vergütet werden müssen und wann es sich für Sie mehr lohnt, sich auf einer Dienstreise entspannt zurück zu lehnen.

Autor:  Redaktion DAHAG Rechtsservices AG.

Sind Fahrzeiten Reise-, Ruhe-, oder Arbeitszeit?

Die Antwort ist ebenso einfach wie kompliziert: Es kommt darauf an.

Als Fahrzeit zählen nämlich sämtliche Fahrten, die im Rahmen Ihrer dienstlichen Tätigkeit anfallen. Dazu gehören die Fahrzeit zwischen Ihrer Wohnung und Ihrer Arbeitsstätte, die Zeit, die Sie brauchen, um einen Kunden zu besuchen oder auch die Reisezeit im Zug oder Flugzeug, wenn Sie sich auf einer Dienstreise befinden. Berufsfahrer haben sogar noch mehr Fahrzeiten. Nach ihrem Weg zur Arbeit setzen sie sich in Ihren Wagen – egal ob Bus oder LKW – und ihr eigentlicher Arbeitstag beginnt erst.

Aus diesem Grund muss man bei der Frage danach, ob Ihre Fahrzeit unter Arbeitszeit oder Ruhezeit fällt, genau unterscheiden wohin Sie fahren und warum.

Der Arbeitsweg

Kaum ein Arbeitnehmer hat das Glück den Arbeitsweg in wenigen Minuten zu Fuß absolvieren zu können. Im Jahr 2017 gaben 18,4 Millionen Menschen in Deutschland an, zu Ihrem Arbeitsplatz pendeln zu müssen. Dabei kann täglich eine Menge Zeit verstreichen – Ihre Freizeit. Denn die Zeit, die Sie benötigen, um von Ihrer Wohnung zu Ihrem Arbeitsplatz zu gelangen, gilt nicht als Arbeitszeit und wird demnach auch nicht vergütet.

Was unter Arbeitszeit fällt und Ihnen bezahlt wird, können Sie genauer hier nachlesen: Arbeitszeit: Was Sie darüber wissen müssen.

Versichert sind Sie auf Ihrem täglichen Weg zur Arbeit aber trotzdem, solange Sie keinen Umweg aus privaten Gründen machen.

Kompliziert wird es allerdings, wenn Sie mehr als eine regelmäßige Arbeitsstätte haben – also in verschiedenen Filialen oder Standorten Ihres Betriebes tätig sind. Dann muss Ihr Arbeitgeber angeben, welche Ihre sogenannte erste Tätigkeitsstätte ist. Der Weg zwischen Ihrer Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte gilt für Sie dann als ganz normaler Arbeitsweg. Fahren Sie aber eine andere, als die festgelegte Arbeitsstätte an, gilt dies schon als Dienstreise. Die Unterscheidung wird bei Ihrer Einkommenssteuererklärung wichtig, wenn Sie Ihren Arbeitsweg und Ihre Dienstreisen als Werbungskosten von der Steuer absetzen wollen. Den Arbeitsweg können Sie mit der Pendlerpauschale ansetzen. Diese kann allerdings immer nur für die einfache Strecke angesetzt werden – obwohl Sie den Arbeitsweg hin und zurück fahren müssen.

Für Dienstreisen können Sie eine andere Pauschale ansetzen – die Dienstreisepauschale. Diese ist für die tatsächlich gefahrene Strecke, also Hin- und Rückweg, anwendbar. Wie Sie die Reisekostenpauschale korrekt ansetzen oder Ihre tatsächlichen Reisekosten ausrechnen, können Sie detailliert hier nachlesen: Reisekostenabrechnung: Alle Pauschalen um Steuern zu sparen.

Wann der "Arbeitsweg" doch als Arbeitszeit gilt

Es gibt eine Ausnahme, in der die Arbeitszeit tatsächlich beginnt, sobald Sie Ihre Wohnung verlassen und sich auf den Weg zur Arbeit machen. Wenn Sie keinen festen Arbeitsort haben, sondern zum Beispiel als Außendienstler von Kunde zu Kunde fahren, gilt auch die Fahrt von zu Hause zum ersten Auftraggeber und die vom letzten Kunden zurück zur Wohnung als Arbeitszeit und muss vergütet werden. Der Grund dafür ist, dass die Fahrleistung in diesem Fall untrennbar mit Ihrer eigentlichen Arbeitsleistung zusammenhängt. Das entschied der EuGH im Jahr 2015 (Az: C -266/14).

Die Höhe der Vergütung kann dabei allerdings variieren. Ihr Arbeitgeber ist nicht dazu verpflichtet, Ihnen für die Fahrzeit den gleichen Stundenlohn zu zahlen, wie für die Zeit, die Sie tatsächlich Ihrer eigentlichen Arbeit beim Kunden nachgehen.

Die Dienstreise

Eine Dienstreise muss nicht zwingend mehrere Tage dauern und Sie weit von Ihrer eigentlichen Tätigkeitsstätte wegführen. Bereits ein Kundentermin auswärts oder ein Tagesseminar außerhalb des Betriebs reichen aus, um arbeitsrechtlich als Dienstreise zu gelten.

Erstattung der Reisekosten

Oftmals erstattet der Arbeitgeber sämtliche Reisekosten – es besteht aber keine Pflicht für ihn. Erstattet er Ihre Reisekosten nicht, können Sie diese als Werbungskosten bei Ihrer Steuererklärung absetzen. Was unter Reisekosten fällt und welche Möglichkeiten der Erstattung es gibt, haben wir hier für Sie zusammengefasst: Reisekostenerstattung: Diese Möglichkeiten gibt es.

Reisezeit gleich Arbeitszeit?

Ob Ihre reine Reisezeit – also Ihre Fahrzeit – als Arbeitszeit gilt und vergütet wird, hängt mit der sogenannten Beanspruchungstheorie zusammen. Diese besagt, dass Reisezeit dann als Arbeitszeit gilt, wenn Sie während der Fahrt in einem Maße beansprucht werden, dass es eine Einordnung als Arbeitszeit rechtfertigt.

Genauer gesagt: Wenn Sie im Zug die Augen zumachen und entspannen können, gilt diese Zugfahrt nicht als Arbeitszeit. Gehen Sie aber während der Zugfahrt auf Anweisung Ihres Arbeitgebers Ihrer eigentlichen Arbeit nach – zum Beispiel, wenn Sie noch eine Präsentation vorbereiten – wird diese Zeit Ihnen als Arbeitszeit angerechnet.

Gut zu wissen: Das gilt nicht, wenn Sie freiwillig geschäftliche E-Mails lesen oder schreiben. Die Weisung zur Arbeitsleistung muss von Ihrem Arbeitgeber kommen. Deshalb nutzen Sie Ihre Freizeit lieber dazu, sich zu entspannen und auszuruhen.

Bei der Fahrt mit dem Auto verhält es sich wieder ein bisschen anders. Wenn Sie selbst hinter dem Steuer sitzen, werden Sie und Ihre Aufmerksamkeit beansprucht – es kann also als Arbeitszeit angesehen werden. Sind Sie aber Beifahrer, haben Sie die Möglichkeit sich auszuruhen und die Reisezeit ist für Sie keine Arbeitszeit. Klären Sie am besten persönlich mit Ihrem Arbeitgeber ab, in welchen Situationen die Reisezeit für Sie persönlich als Arbeitszeit vergütet wird, und wann nicht.

Lenk- und Ruhezeiten bei Berufsfahrern

Für Berufsfahrer besteht die dienstliche Tätigkeit im Fahren, weshalb die Fahrzeiten selbstverständlich auch Arbeitszeit sind.

Als Berufsfahrer – egal ob im Güter- oder Personentransport – müssen Sie die gesetzlichen Lenk- und Ruhezeiten beachten. Für Fahrzeuge bis einschließlich 3,5 Tonnen Gesamtgewicht sind diese in der Fahrpersonalverordnung geregelt. Bei Überschreitung der deutschen Grenzen gilt die Verordnung (EG) Nr. 561/2006 der Europäischen Gemeinschaft. Für Fahrer von Fahrzeugen, die ein Gewicht von weniger als 2,8 Tonnen haben, gilt in Deutschland das Arbeitszeitgesetz.


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