Ausbildungsvergütung (2024): Höhe, Anspruch, Beratung

„Lehrjahre sind keine Herrenjahre!“ Wer eine Ausbildung macht, muss sich diesen Spruch früher oder später gefallen lassen – und zwar häufig dann, wenn es um den niedrigen Verdienst des Auszubildenden geht. Worauf Sie mindestens Anspruch haben, wovon Ihr Verdienst abhängt und wie Sie trotzdem noch das Maximum aus dem Gehalt herausholen können, lesen Sie hier.

Autor:  Redaktion DAHAG Rechtsservices AG.

Ausbildungsvergütung: Das Wichtigste im Überblick

Wie viel Sie in einer Berufsausbildung wirklich verdienen können, hängt von verschiedenen Faktoren ab: Welchen Beruf Sie erlernen wollen, in welcher Branche Sie dafür arbeiten, ob Ihr Ausbildungsbetrieb tarifgebunden ist oder nicht und sogar an welchem Ort Sie Ihre Lehre machen, kann Auswirkungen haben. Sicher ist aber eines: In den wenigsten Fällen werden Sie Ihren Lebensunterhalt allein mit der Ausbildungsvergütung bestreiten können – vor allem dann nicht, wenn Sie aus Ihrem Elternhaus ausziehen und eine eigene Wohnung finanzieren müssen.

Ausbildungsvergütung (2024): Was verdienen Azubis?

Seit 2020 ist das aber ein Stück einfacher, denn zum 1. Januar 2020 trat durch eine Novelle des Berufsbildungsgesetzes der gesetzliche Mindestlohn für Auszubildende in Kraft. 2023 wurde der Mindestlohn für Auszubildende weiter angehoben. Seitdem verdient jeder Lehrling im ersten Lehrjahr mindestens 620 Euro im Monat.

Wie in allen anderen Branchen steigt auch dieser Mindestlohn weiter an. Azubis, die 2024 ihre Ausbildung beginnen, dürfen sich über einen Mindstlohn von 649 Euro im ersten Ausbildungsjahr freuen. Auch die Ausbildungsvergütung im zweiten und dritten Lehrjahr steigt – um 18 beziehungsweise 35 Prozent. Wer vier Jahre lernt, erhält im vierten Lehrjahr sogar 40 Prozent mehr Geld als bisher. 

Allerdings ist die Freude nicht ungetrübt, denn es gibt zwei Ausnahmen, für die der Mindestlohn für Auszubildende nicht gilt:

  1. Alle Lehrlinge, deren Ausbildungsverträge vor dem 01.01.2020 geschlossen wurden, werden weiter so vergütet, wie es im Ausbildungsvertrag vereinbart ist.
  2. Wenn Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter einen Tarifvertrag für die Ausbildung in ihrem Betrieb vereinbaren, darf darin auch eine Vergütung unter der Mindestlohngrenze vereinbart werden.

Ausbildungsvergütung in der Übersicht

Beginn der Ausbildung 1. Ausbildungsjahr 2. Ausbildungsjahr 3. Ausbildungsjahr 4. Ausbildungsjahr
2021 550,00 Euro 649,00 Euro 742,50 Euro 770,00 Euro
2022 585,00 Euro 690,30 Euro 789,75 Euro 819,00 Euro
2023 620,00 Euro 731,60 Euro 837,00 Euro 868,00 Euro
2024 649,00 Euro 766,00 Euro 876,00 Euro 909,00 Euro

Woran orientiert sich die Ausbildungsvergütung?

In jedem Fall haben Sie als Auszubildender einen Anspruch auf eine „angemessene Vergütung“. Das besagt § 17 Berufsbildungsgesetz (BBiG). Was allerdings genau mit „angemessen“ gemeint ist, definiert das Gesetz nicht näher. Dort finden Sie also auch keine konkreten Summen, die Ihr Gehalt während der Ausbildung beschreiben. In vielen Branchen sind die allerdings in einem Tarifvertrag festgeschrieben.

 

Gut zu wissen: Tarifverträge

Tarifverträge werden zwischen den Gewerkschaften und den Arbeitgeberverbänden einer Branche abgeschlossen. Was darin vereinbart wird, gilt deshalb theoretisch auch nur für Arbeitnehmer, die Mitglied in einer Gewerkschaft sind und Betriebe, die dem Arbeitgeberverband angehören. In der Praxis werden die tariflichen Regelungen aber meist für alle Mitarbeiter eines Betriebs übernommen.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann einen geltenden Tarifvertrag außerdem für „allgemeinverbindlich“ erklären. Dann gelten seine Regelungen nicht nur für die Tarifpartner, die ihn ursprünglich abgeschlossen haben, sondern zum Beispiel für alle Betriebe der betreffenden Branche – egal, ob sie tarifgebunden sind oder nicht.

Gilt für Ihren Ausbildungsbetrieb kein Tarifvertrag, zum Beispiel weil Ihr Arbeitgeber nicht tarifgebunden ist, verhandeln Sie die Ausbildungsvergütung direkt. Aber auch dann darf Ihr Arbeitgeber Ihr Gehalt nicht einfach so niedrig ansetzen, wie er will, sondern muss wie schon erwähnt eine „angemessene“ Vergütung zahlen. Der Mindestlohn für Auszubildende gibt nun zumindest eine Untergrenze vor.
Was nun unter dieser „angemessen Vergütung“ konkret zu verstehen ist, hat in der Vergangenheit bereits Gerichte beschäftigt. Was nun unter dieser Formulierung konkret zu verstehen ist, hat in der Vergangenheit bereits Gerichte beschäftigt. Wegweisend ist dabei ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahr 2015 (Az. 9 AZR 108/14). Darin wurde festgelegt, dass Ihr Gehalt mindestens 80 Prozent der tariflichen Ausbildungsvergütung betragen muss. Alles darunter gilt als unangemessen und ist nicht erlaubt. Bevor Sie also in die Gehaltsverhandlungen gehen, sollten Sie sich informieren, welche Tarifverträge für Ihre Branche gelten und wie hoch die darin vereinbarte Ausbildungsvergütung ist. So haben Sie ein gutes Argument, um ein möglichst hohes Ausbildungsgehalt auszuhandeln.

Was legt das Berufsbildungsgesetz für die Ausbildungsvergütung fest?

Das Berufsbildungsgesetz (BBiG) umfasst darüber hinaus aber noch andere Regeln zur Ausbildungsvergütung. So ist darin zum Beispiel auch festgeschrieben, dass die Ausbildungsvergütung mindestens jährlich steigt. Sie müssen im zweiten Lehrjahr also mehr verdienen als im ersten und im dritten mehr als im zweiten. Das kann Ihr Arbeitgeber auch nicht vermeiden. Und auch Überstunden müssen bezahlt oder mit zusätzlicher Freizeit abgegolten werden. Im Gesetz ist das in §17, Abs. 7 so formuliert: „Eine über die vereinbarte regelmäßige tägliche Ausbildungszeit hinausgehende Beschäftigung ist besonders zu vergüten oder durch entsprechende Freizeit auszugleichen.“

Grundsätzlich muss der Ausbildungsbetrieb Ihr Lehrlingsgehalt spätestens am letzten Arbeitstag eines Monat auszahlen (§ 18, Abs. 2 BBiG) und er muss es auch dann zahlen, wenn Sie krank, im Urlaub oder freigestellt sind. Dabei ist im Gesetz sehr genau vorgeschrieben, wann Sie als Auszubildender freigestellt werden müssen, wann Sie also nicht arbeiten müssen, aber trotzdem Gehalt bekommen (§15 BBiG). Ihr Arbeitgeber muss Sie freistellen für:

  • den Besuch der Berufsschule
  • Prüfungen
  • Ausbildungsmaßnahmen außerhalb der Ausbildungsstätte

Und auch wenn Sie sich für die Ausbildung bereithalten, die aber nicht stattfindet, haben Sie weiter Anspruch auf Ihr Gehalt. Das kann zum Beispiel dann der Fall sein, wenn Sie etwa auf dem Bau arbeiten, wo bei großer Kälte nicht mehr gearbeitet werden kann – oder wenn es eine Auftragsflaute gibt und keine Arbeit da ist.

 

Steuern und Versicherung: Was bleibt vom Lehrlingsgehalt übrig?

Was im Tarif- und Ausbildungsvertrag steht, ist Ihr Brutto-Gehalt. Diese Summe landet aber nicht auf Ihrem Konto, denn davon werden unter Umständen noch Sozialversicherungsbeiträge und Steuern abgezogen und von Ihrem Ausbildungsbetrieb direkt an das Finanzamt abgeführt. Auch der Betrieb muss als Arbeitgeber für Sie Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung zahlen. Sie „teilen“ sich die Belastung also sozusagen, wobei Ihr Anteil daran etwa 20 Prozent Ihrer Bruttoausbildungsvergütung beträgt. Was nach diesen Abzügen übrig bleibt, nämlich Ihr Netto-Gehalt, wird Ihnen dann auch tatsächlich überwiesen.

Verdienen Sie im Monat weniger als 325 Euro brutto, gilt allerdings eine Sonderregelung: In diesem Fall müssen Sie keine Abgaben zahlen, nur Ihr Ausbildungsbetrieb muss seinen Teil abführen. Brutto ist in diesem Fall für Sie also gleich netto. Diese Regelung betrifft aber wohl nur noch Auszubildende, die vor Einführung des Mindestlohns für Azubis ihre Lehre begonnen haben. Alle anderen sollten deutlich mehr verdienen.

Wer mehr als diese 325 Euro verdient, ist verpflichtet, zumindest die Abgaben für die Sozialversicherung zu leisten. Dazu zählen die Kranken-, die Renten- und die Arbeitslosenversicherung. Diese Beiträge dienen also auch Ihrer eigenen Absicherung.

Etwas günstiger sieht es aus, wenn es um die abzuführenden Steuern geht: Hier werden gewöhnlich Lohn- und Kirchensteuer vom Brutto-Gehalt abgezogen. Allerdings fällt die Lohnsteuer erst ab einer bestimmten Einkommensgrenze an: Erst wenn Sie im Jahr mehr als 11.604 Euro (Stand 2024) verdienen, müssen Sie Lohnsteuer abführen. Wenn Sie Mitglied der katholischen oder evangelischen Kirche in Deutschland sind, müssen Sie auch als Auszubildender neben der Lohnsteuer bereits Kirchensteuer zahlen. Diese beträgt je nach Bundesland 8 oder 9 Prozent Ihrer Lohnsteuer.


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